1943 - 2003 - Bestandsentwicklung, Veränderungen und verbleibende "477er"


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Zerstört und in alle Winde verstreut

Bis Anfang 1945 gab es, bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark, nur wenige zerstörte Fahrzeuge bei der Berliner S Bahn. Zur Reparatur in Schlesien weilten - nummernmäßig bekannt - elf Viertelzüge der Baureihe 166 sowie 27 Trieb- und 17 Beiwagen der Baureihe 167. Jedoch dürften sich dort bei Kriegsende noch mehr Fahrzeuge dieser Bauarten befunden haben. Vermutlich vom Raw Lauban gelangten zwei Trieb- und zwei Beiwagen der Baureihe 166 sowie acht Trieb- und sechs Beiwagen der Baureihe 167 in die Sowjetunion.
In den letzten Kriegstagen verwendete man auch für Flüchtlingstransporte Berliner S Bahnwagen, die es so in alle Winde verschlug, u.a. bis nach Österreich. Die 18 Viertelzüge für 120 Kilometer pro Stunde der Baureihe 125 (Bauarten 1934, 1935 a und 1937 I) wiesen keine größeren Schäden auf. Die Mehrzahl der in Berlin verbliebenen Wagen waren mehr oder weniger stark beschädigt; dreizehn Trieb- und neun Beiwagen der Baureihe 167 davon so stark beschädigt, daß sie höchstens als Ersatzteilspender dienen konnten.

Beschlagnahme durch die Sowjetunion

Eine weitere Lücke in den schon geschwächten Wagenpark riß Ostern 1946 die Beschlagnahme von 46 Viertelzügen der Baureihe 167 - der damals neuesten Züge - durch die Sowjetunion und ihre Überführung nach Rußland. Acht Viertelzüge dieser Baureihe wurden 1952 im Tausch gegen Reisezugwagen (Langstreckenwagen) aus DDR-Produktion zurückgegeben.
Zwölf völlig neu gebaute Beiwagen hatten bereits 1958 und 1959 den Fehlbestand ausgeglichen. Mit den nach dem Krieg zur Berliner S Bahn gelangten Wagen der Werkbahn Zinnowitz - Peenemünde, von denen in Berlin je neun als Trieb- und neun als Beiwagen eingesetzt wurden, standen der S Bahn im Jahr 1959 somit 228 Viertelzüge der hier beschriebenen Bauarten zur Verfügung.

zerstörter Führerstand

Ein durch Kriegseinwirkungen zerstörter Führerstand. Links erkennbar der Fahrschalter.


Bestandsentwicklung bis 1959 - Zusammenfassung


  Bauarten 1934, 1935a
und 1937 I - 120 km/h
Bauart 1935 - 80 km/h Bauarten 1937 II, 1939
und 1941 - 80 km/h
insgesamt
ET EB ET EB ET EB ET EB
geliefert 18 18 34 34 283 261 335 313
1943 - 1945 ausgemustert     1 2 5 10    
in Lauban verblieben     11 11 27 17    
von Lauban in UdSSR     2 2 8 6    
Kriegsverlust     1 1 8 8    
nicht mehr aufgebaut
1947-50 verschrottet
        13 9    
1946 von Berlin in die UdSSR         46 46    
1948 von Österreich in die UdSSR         2 2    
1952 aus der UdSSR zurück         +8 +8    
Zwischensumme 18 18 19 18 182 171    
Neubau 1958/59       +1   +11    
Neubau eines Vz auf 167er Untergestellen     +1 +1 -1 1-    
Zwischensumme 18 18 20 20 181 181    
aus Peenemünde übernommen         +9 +9    
Fahrzeugbestand 1959 18 18 20 20 190 190 228 228

Tabelle Bestandsentwicklung


Verluste durch Unfälle

Relativ lange Zeit blieb der Bestand der Baureihen 166 und 167 konstant, bis im Dezember 1969 der ET 167 079 wegen eines Brandschadens und der nach einer Flankenfahrt beschädigte EB 167 077 ausgemustert wurden. Erst rund zwanzig Jahre später gab es die nächste Ausmusterung: Im März 1989 schied der Probezug von 1935 nach 54 Jahren Betrieb aus, weil er im konstruktiven Teil zu stark von den nachfolgenden Bauten abwich und seine Modernisierung deshalb unterblieb.
Im Jahre 1990 kam das Aus für die beiden nicht modernisierten Viertelzüge 277 043/4 und 277 221/2 der Bauart 1937-41. Ein Brand in der Triebwagenhalle Erkner in der Nacht vom 15. zum 16. November 1990 beschädigte mehrere Fahrzeuge der Baureihe 277 so schwer, dass sie ausgemustert werden mussten.

Innenansicht

Nachkriegszeit - Holzroste als Fußbodenbelag.

Neue Züge ersetzen die alten

Mit der Auslieferung neuer Fahrzeuge der Baureihen 480 und 485 trennte sich die S Bahn im September 1991 von einigen nicht modernisierten Viertelzügen. Die in Erkner ausgebrannten Wagen und die nicht modernisierten Viertelzüge - soweit nicht verkauft - verschrottete man im Raw Schöneweide. 1996 stellte die S-Bahn Berlin GmbH zwei Viertelzüge der Bauart 1937-41 - 477/877 105 und 130 - für den Bau der Panorama-S Bahn ab. Bis Ende 2000 blieb ein Bestand von 198 Viertelzügen der Baureihe 477, der sich wie folgt zusammensetzte:

Bauart Triebwagen Bei- oder Steuerwagen
1934, 1935 a, 1937 I 14 14
1935 18 18
1937 II, 1939, 1941 160 159
Peenemünde 6 7

Mit der Auslieferung des Museumszuges 488/888 276 endete am 14. Dezember 2001 die planmäßige Hauptuntersuchung von Fahrzeugen der Bauarten 1935 bis 1941 in Schöneweide. Trotzdem zählten diese Züge noch bis zum September 2003 zum alltäglichen, vertrauten Berliner Stadtbild. Mit Auslaufen der T5 wurden im Januar 2001 auch die ersten Viertelzüge der Baureihe 477 nach Erreichen der Laufgrenze oder bei Fristablauf abgestellt und ab Februar 2001 ausgemustert. Zuvor wurden 477er nur nach größeren Schäden, meist durch Unfälle, abgestellt.

Innenraum BR 167

Innenraum der BR 167.

Im Jahre 2001 musterte die S-Bahn Berlin GmbH 54 Viertelzüge aus und setzte weitere sechs Viertelzüge als Bahndienstwagen ein, 2002 folgten weitere 38 Viertelzüge, so dass sich zum 31. Dezember 2002 ein Bestand von noch 100 Viertelzügen ergab. Zur Verschrottung brachte man die Züge zur Firma Scholz Recycling GmbH im Hafen von Königs Wusterhausen. Im Gegensatz zur Baureihe 476 fuhren die 477er aus eigener Kraft bis in den Bahnhof, die letzten Meter schob eine Diesellok der Hafenbahn den Zug zur Recyclingfirma. Einige Wagen konnten auch verkauft werden.

Als letztes Einsatzgebiet blieb der Baureihe 477 die S5, auf der abends zwischen Mahldorf und Strausberg bzw. Strausberg Nord Zwei-Wagen-Einheiten dieser Baureihe (Steuerviertel) als "Klein Erna" eingesetzt waren. Bis 18. September 2003 wurden weitere 78 Viertelzüge ausgemustert. Von den verbleibenden 22 Viertelzügen dienten dann noch zwei Viertelzüge (477 070 und 085) der Betriebswerkstatt Friedrichsfelde als Materialzüge. Außerdem waren im September 2003 noch die beiden Bündelfunk-Versuchszüge 477 020 und 046 und der Viertelzug 096 im Bestand.
17 Viertelzüge waren am 2. November 2003 noch einmal in Berlin unterwegs, ehe sie mit der großen Festveranstaltung in der Triebwagenhalle Erkner den planmäßigen Einsatz der "alten Rundköpfe" und damit die Große Zeit der alten Berliner S-Bahnen beendeten.


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letzte Änderung:
26. Oktober 2008

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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