Durchläuferzüge


Ein kurzes Kapitel in der Geschichte der Berliner S-Bahn sind die Durchläuferzüge.
Der kalte Krieg tobte in all seinen Facetten, Ost und West grenzten sich gegenseitig aus.
Um Personen, die wichtig für die DDR-Wirtschaft waren, und politische Kader vor den "Einflüssen" von Westberlin zu schützen, setzte die Deutsche Reichsbahn (DR) am 18. Mai 1953 erstmals so genannte Durchläuferzüge ein. Diese besonderen Züge verkehrten in den folgenden Zuggruppen:


Zuggruppe Zuglauf hielt nicht zwischen verkehrte
Ludwig (L) Erkner - Potsdam Friedrichstraße - Griebnitzsee 3x morgens von Potsdam
3x nachmittags von Friedrichstraße
Heinrich (H) Königs-Wusterhausen - Falkensee Friedrichstraße - Albrechtshof 3x morgens von Falkensee
3x nachmittags von Friedrichstraße
1 Oranienburg - Wannsee Hohen Neuendorf - Nordbahnhof
hielt auch in Wollankstraße
und Bornholmer Straße
2x morgens von Oranienburg
3x nachmittags vom Potsdamer Platz
3 Rangsdorf - Velten Hennigsdorf - Nordbahnhof
hielt auch in Wollankstraße
und Bornholmer Straße
2x morgens von Hennigsdorf
3x nachmittags vom Potsdamer Platz

Quelle: Kursbuch der Deutschen Reichsbahn, Winterfahrplan 1954

Bei den Zuggruppen 1 und 3 wurden nur die nördlichen Teilstrecken im Durchläuferbetrieb befahren. In den südlichen Abschnitten hielten dieselben Züge wieder auf allen Bahnhöfen.

Selten waren diese Züge schneller als der normale Verkehr. Ganz im Gegenteil: um zeitliche Engpässe auf den teilweise eingleisigen Außenstrecken zu kompensieren, standen die Züge bis zu 7 Minuten auf den Bahnhöfen in Wollankstraße, Bornholmer Straße und Ostbahnhof wieder ab. Ein Überholen regulärer Züge war nur in Grunewald und Westkreuz möglich. Durchläuferzüge durften nicht an westlichen Bahnsteigen zum Halten kommen, sondern mussten stets davor anhalten. Die Höchstgeschwindigkeit an diesen Bahnsteigen betrug 30 km/h.

Wolfgang Genß, ehemaliger Triebfahrzeugführer erinnert sich, daß bei keinen anderen Zügen der S-Bahn soviel mit den Fahrtregelungssignalen Zp 10 und Zp 11 hantiert wurde.

Neben den normalen Zielschildern mit dem Zusatzschild "Durchläufer" im Spitzen-Führerstand wurden folgende Zielschilder verwendet:

Westberlinern war die Mitfahrt in diesen Zügen untersagt. Fuhr einer von ihnen versehentlich mit einem solchen Zug betrat, wurde häufig der nächste betriebliche Zwangshalt zum Abspringen benutzt. Gelang dies nicht, musste an den Haltebahnhöfen mit scharfen Kontrollen und Nachlösegebühren gerechnet werden.

Letztmalig verkehrten die Durchläuferzüge am 3. Mai 1958, da sie mit der Fertigstellung des Berliner Außenringes und dem Verkehren der "Sputnik"-Züge entbehrlich wurden.


Autor:
Mike Straschewski

Quellen:
70 Jahre elektrisch - Zur Entwicklung der Berliner S-Bahn; Verlag GVE; 1994
Damals: Von Friedrichstraße ohne weiteren Halt bis Falkensee; Manuel Jacob; punkt3; Ausgabe 12/2003 vom 26. Juni 2003

letzte Änderung:
26. Oktober 2008

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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