Die Fahrsperre


Um die unberechtigte Vorbeifahrt an haltzeigenden Signalen zu verhindern, erhalten alle Form- und Lichthauptsignale, Signalverbindungen sowie wichtige Gleissperrsignale und Wartezeichen [1] Streckenanschläge. Der Streckenanschlag bildet zusammen mit der Fahrzeugausrüstung der S-Bahntriebwagen das System Fahrsperre. Es wurde unter der Bezeichnung »Bernauer Fahrsperre« Mitte der zwanziger Jahre zuerst auf der bereits elektrifizierten Strecke nach Bernau erprobt und eingeführt. Der Streckenanschlag wird in Fahrtrichtung rechts am Gleis angebaut und hat eine drehbar gelagerte Sperrschiene, die bei Haltstellung des zugehörigen Signals den Auslösehebel eines daran vorbeifahrenden Fahrzeugs gegen die Fahrtrichtung umlegt. Das Umlegen des Auslösehebels führt unmittelbar oder über eine elektrische Steuerung zur Entlüftung der durchgehenden Hauptluftleitung bzw. zur Unterbrechung der elektrischen Bremsschleife, so daß der Druckabfall die Steuerventile der einzelnen Wagen umsteuert und dadurch die Bremsen der Fahrzeuge ansprechen läßt.
Bei Fahrtstellung des betreffenden Signals wird die Sperrschiene durch einen elektrischen Antrieb oder durch mechanische Kupplung mit dem mechanischen Signalantrieb in die Freilage bewegt, in der der Auslösehebel unbeeinflußt bleibt.

Bild: mechanische Fahrsperre in Spindlersfeld

Mechanischer Streckenanschlag am Ausfahrsignal B des Bahnhofes Spindlersfeld (um 1986)

Zur Erfassung unberechtigter Vorbeifahrten befindet sich auf dem Führerstand der Triebwagen ein Zählwerk, das jede Beeinflussung registriert. Vor einer erlaubten Vorbeifahrt auf Ersatzsignal oder Befehl hat der Triebwagenführer einen besonderen Ersatzsignalschalter zu bedienen, der ebenfalls mit einem Zählwerk gekoppelt ist. Zu beiden Zählwerken wird ein Nachweis geführt, in dem die verbrauchten Nummern zu begründen sind. Später wurden auch die Hl- und Ks-Signale mit Streckenanschlägen ausgerüstet. Die Fahrsperre ist auch heute noch flächendeckend im Netz der Berliner S-Bahn im Einsatz.

Der Streckenanschlag ist als mechanisch auf das Fahrzeug einwirkende Einrichtung, die zudem noch dem Verschleiß unterliegt recht material- und instandhaltungsaufwendig. Außerdem läßt sich in der gewählten Ausführung nur die Funktion Fahrsperre, also der Schutz gegen Überfahren haltzeigender Signale realisieren.

Bild: elektrischer Fahrsperrenantrieb in Sonnenallee

Elektrischer Streckenanschlag in Haltstellung am S-Bahnhof Sonnenallee.
Im Hintergrund der (graue) Fahrsperrenmotor. Links vor der Fahrsperre das Auflaufstück der Stromschiene, rechts die stromführende Brückenleitschiene (12. Oktober 2006).

Wünschenswert wäre es aber, bereits bei einem Halt oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung ankündigenden Signal eine Beeinflussung auf das Fahrzeug zu haben und anschließend die Fahrgeschwindigkeit mittels einer abfallenden Bremskurve zu überwachen. Dafür soll ein neues System mit sogenannten Balisen eingeführt werden, das auf einem Streckenabschnitt der Berliner S-Bahn bereits erprobt wird. Balisen sind Transponder, die auf Anreiz hin per Funk Telegramme mit den zu übertragenden Daten an das Fahrzeug senden. Sie werden einzeln oder in Gruppen verlegt. Außer Festdatenbalisen, mit denen unveränderliche Daten wie die zulässige Höchstgeschwindigkeit übertragen werden gibt es steuerbare Balisen für die Übertragung der Signalisierung.


Autor:
Steffen Buhr

Quellen und weiterführende Links:
[1] Signalbuch 1935 bei www.nosske.de
www.blocksignal.de

letzte Änderung:
26. Oktober 2008

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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