Das Hl-Signalsystem | Signale bei der Berliner S-Bahn | Das Ks-Signalsystem |
Gleichzeitig mit der »Großen Elektrisierung« sollte auf der Berliner Stadtbahn, der das Stadtzentrum von Ost nach West durchquerenden Viaduktstrecke die Zugfolge weiter verdichtet werden. Mit Handblock und Formsignalen war hier schon seit 1905 eine Zugfolge von 2 ½ Minuten möglich. Künftig sollten die Anlagen eine Zugfolge von minimal 90 Sekunden ermöglichen. Mit handbedienten Blockanlagen läßt sich das nicht auf Dauer zuverlässig erreichen, außerdem wäre der ohnehin schon hohe Personalaufwand noch weiter gestiegen.
Deshalb wurde wieder ein selbsttätiges System vorgesehen, mit dem sich jede subjektive Verzögerung ausschalten läßt. Auch hier kamen selbsttätige Gleisfreimeldeanlagen zum Einsatz um die Lichtsignale zu steuern. Da auf der Stadtbahn bereits vorher häufig das Vorsignal am Standort des rückgelegenen Hauptsignals angeordnet werden mußte, führte man nun ein neues Signalsystem ein, bei dem die Lichter des Hauptsignals mit denen des Vorsignals für das folgende Hauptsignal auf einem Signalschirm vereinigt wurde. Deshalb wurden diese Signale Signalverbindungen genannt.
Charakteristisch für diese Signale ist der unten v-förmig geformte Signalschirm, obwohl dieses Merkmal nicht zwingend ist. Die Hauptsignallichter sind dabei auf der linken, die Vorsignallichter auf der rechten Seite des Signalschirms angeordnet. Das Vorsignal zeigt dabei anstelle der üblichen Vorsignallichter gleich diejenigen des folgenden Hauptsignals. Nach dem Schema der Formsignale zeigt ein grünes Licht dabei freie Fahrt, zwei grüne Lichter senkrecht untereinander Fahrt mit Geschwindigkeitsbeschränkung an. Als Haltbegriff wurden zwei gelbe Lichter waagerecht nebeneinander gezeigt. An diesem Haltsignal dürfen die Züge nach dem Halt in eigener Verantwortung und vorsichtig auf Sicht weiterfahren. Nur die Signale, hinter denen Bahnsteige oder Weichen lagen bekamen wie auch sonst üblich ein rotes Licht als Haltbegriff. An diesen Signalen dürfen die Züge nicht selbständig vorbeifahren. Sie erhielten deshalb Ersatzsignale.
Um die dichte Zugfolge zu erzielen, muß die Strecke in kurze Blockabschnitte unterteilt werden, da sich zwischen zwei Zügen immer ein haltzeigendes Signal befinden muß. Dadurch wird der Abstand der Signale untereinander teilweise kürzer als der tatsächlich erforderliche Bremsweg. Um dem Triebfahrzeugführer in solchen Fällen anzuzeigen, daß er schon vor dem die Warnstellung zeigenden Signal mit dem Bremsen beginnen muß, um noch vor dem folgenden Signal zum Stillstand zu kommen, erhalten die betreffenden Signale einen bei Warnstellung weiß leuchtenden, nach unten zeigenden Bremspfeil, der in der Regel oberhalb der Signallichter angeordnet ist. Signale, bei denen Rangierfahrten durchzuführen waren bekamen noch ein aus drei weißen, v-förmig angeordneten Lichtern bestehendes Vorrücksignal. Ersatz- und Vorrücksignal werden in der Regel unterhalb der übrigen Signallichter angeordnet.
Bauart 1928 (Stadtbahn) |
Bauart 1937 (Ringbahn) |
Signal mit Bremspfeil |
Auf der Stadtbahn wurden die Sv-Signale 1928 in Betrieb genommen. Bei dieser Ausführung der Signale, die später auch noch auf der Strecke Jungfernheide - Gartenfeld und Stettiner Bahnhof (heute Nordbahnhof) - Gesundbrunnen verwendet wurde, wurden sämtliche Lichter durch einzelne Signallaternen dargestellt. Ein einfaches Signal mit drei aus zwei Lichtern bestehenden Signalbegriffen benötige daher sechs Laternen, Signale mit mehr Signalbegriffen bis zu zehn. Eine vergleichbare Ausführung eines anderen Herstellers kam auf den Streckenabschnitten Westkreuz - Wannsee und Schlachtensee - Wannsee zum Einsatz.
Anfang der dreißiger Jahre wurde in Warschauer Straße und zwischen Zehlendorf und Mexicoplatz eine verbesserte Bauart erprobt, bei der an Stelle der drei Laternenpaare nur noch eines benötigt wurde. In diese Laternen waren so genannte Blendenrelais eingebaut, die jeweils zwei Farben anzeigen können. Dabei wird durch ein Magnetsystem ein Blechpendel, in das zwei Farbscheiben eingesetzt sind bewegt, so daß sich entweder die eine oder die andere Farbscheibe im Lichtstrahl befindet. Mit dieser Ausführung wurden bis Ende der dreißiger Jahre der neue gebaute Nordsüd-Tunnel, die gesamte Ringbahn, deren Verbindungskurven zur Stadtbahn und die anschließenden Strecken bis Spandau West und Schöneweide ausgerüstet. Anfang der vierziger Jahre kam noch die Strecke bis Lichterfelde Süd hinzu. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt auch der demontierte Streckenabschnitt Ostkreuz - Karlshorst beim Wiederaufbau derartige Signale. Eine etwas weiterentwickelte Bauart kam ab 1955 auf dem Streckenabschnitt Ostkreuz - Lichtenberg zum Einsatz.
Sv 1 | Sv 2 | Sv 3 | Sv 4 |
Fahrt frei! - Am nächsten Signal ist ebenfalls "Fahrt frei" zu erwarten |
Fahrt frei! - Am nächsten Signal ist "Halt" (Signal Sv 3 oder Sv 4) zu erwarten |
Halt! - Weiterfahrt nur mit besonderer Vorsicht |
Halt! |
Sv 5 | Sv 6 | Sv 7 | Sv 8 |
Fahrt frei! - Am nächsten Signal ist "Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung" (Signal Sv 6, Sv 7 oder Sv 8) zu erwarten |
Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung. - Am nächsten Signal ist "Fahrt frei" (Signal Sv 1, Sv 2 oder Sv 5) zu erwarten |
Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung. - Am nächsten Signal ist ebenfalls "Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung" (Signal Sv 6, Sv 7 oder Sv 8) zu erwarten |
Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung. - Am nächsten Signal ist "Halt" (Signal Sv 3 oder Sv 4) zu erwarten |
Sv-Signalbilder vor der Umstellung im Jahre 1953.
Sv-Signale mit Sv 4 als Haltbegriff bekamen in der Regel eine M-Tafel. Das ist eine weiße, quadratische Tafel mit rotem Rand auf der ein großes M in Schreibschrift abgebildet ist. Ist ein mit M-Tafel versehenes Signal erloschen oder gestört, so darf auch auf mündlichen Auftrag daran vorbeigefahren werden.
1953 wurde bei der Deutschen Reichsbahn bei allen noch verbliebenen dreiflügligen Hauptsignalen der dritte Flügel beseitigt und die Nachtzeichen der Formsignale geändert. Beim zweiflügligen Signal leuchtete nun ein gelbes Licht senkrecht unter dem grünen. In der gleichen Weise wurden die Bilder der Signalverbindungen geändert, d.h. in die unteren Grünlaternen wurden gelbe Farbscheiben eingesetzt.
Mit dem Signalbuch 1958 wurden Mastschilder für alle Lichthauptsignale eingeführt, mit denen das Verhalten der Triebfahrzeugführer geregelt wird. An einem Signal mit weiß-rot-weißem Mastschild, das Halt zeigt, erloschen oder gestört ist darf nur auf Ersatzsignal oder schriftlichen Befehl, wenn eine M-Tafel vorhanden ist auch auf mündlichen Auftrag vorbeigefahren werden. An einem Signal mit einem weiß-schwarz-weiß-schwarz-weißem Mastschild darf in eigener Verantwortung ohne Auftrag vorsichtig und auf Sicht (permissiv) vorbei und weiter gefahren werden, bis zwei aufeinanderfolgende Signale einen Fahrtbegriff zeigen. Damit wurde der Begriff Sv 3 überflüssig, der ja der gleichen Regelung diente, und deshalb im Signalbuch von 1971 als Sv 103 in den Abschnitt der künftig entfallenden Signale eingereiht. Später wurde noch ein rotes Mastschild eingeführt, das an Stelle des weiß-rot-weißen verwendet wird, wenn die Züge bei Fahrt auf Ersatzsignal oder Befehl auf Sicht fahren müssen. Nach Vereinigung der beiden deutschen Staaten begann man die Signalbücher, die inzwischen einige Abweichungen voneinander enthielten zu harmonisieren. Deshalb wurden die Signalverbindungen gemäß untenstehender Tabelle neu numeriert. [1]
alt | neu |
Sv 1 | Sv 1 |
Sv 2 | Sv 2 |
Sv 103 | Sv 0 |
Sv 4 | Hp 0 |
Sv 5 | Sv 3 |
Sv 6 | Sv 4 |
Sv 7 | Sv 5 |
Sv 8 | Sv 6 |
Neuzuordnung der Sv-Signalbegriffe mit der 5. Berichtigung des Signalbuches der DR - DV 301; gültig ab 1. März 1992
Ab Ende der siebziger Jahre wurden von Süden kommend die Fernstrecken im Berliner Raum mit 15 kV 16 2/3 Hz elektrifiziert. Dabei kann eine Beeinflussung der mit 50 Hz betriebenen selbsttätigen Anlagen, die zur unzeitigen Freimeldung eines besetzten Gleisabschnittes führt nicht sicher ausgeschlossen werden. Deshalb wurden die selbsttätigen Anlagen mit Signalverbindungen noch vor der Elektrifizierung der parallelen Ferngleise im Ostteil Berlins schrittweise durch solche mit Hl-Signalen ersetzt. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurden aus dem gleichen Grund auch die noch verbliebenen Anlagen im Westteil der Stadt, wo die Ferngleise zunächst nicht elektrifiziert worden waren ersetzt. Am 13. März 2006 wurden die letzten Sv-Signale bei der Berliner S-Bahn abgeschalten.
Außer bei der Berliner S-Bahn wurden Sv-Signale seit Anfang der vierziger Jahre auch noch bei der Hamburger S-Bahn verwendet. Dort fanden aber nur die Bauart 1937 sowie einige Nachkriegsentwicklungen Verwendung [2]. Wegen der zunehmenden Umstellung auf elektronische Stellwerke werden aber auch dort die noch vorhandenen Sv-Signale durch Ks-Signale ersetzt. Mit den Ks-Signalen hat dort auch das weiß-schwarz-weiß-schwarz-weiße Mastschild Einzug gehalten, das inzwischen nur noch bei den S-Bahnen in Berlin und Hamburg verwendet wird.
Signal 816 Yorckstraße, dahinter ist schon die Ablösung aufgestellt |
Signal 8 mit Bremspfeil im Tunnel vor Nordbahnhof, dieses Signal wurde 2001 durch das dahinter bereits sichtbare Ks-Signal in Tunnelausführung ersetzt |
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Autor:
Steffen Buhr (nachträgliche Ergänzungen: Mike Straschewski)
Der Autor ist Webmaster der Webseite www.blocksignal.de
Quellen:
[1] Sv-Signale in Berlin, Entwicklung, Technik
http://www.blocksignal.de/stw/sv.html
[2] Fotos Hamburger Sv-Signale
http://www.sh1.org/fotos/sv.htm
Bilder:
Steffen Buhr (soweit nicht anders gekennzeichnet)
weiterführende Buchtipps:
Signale - Band 1; Stefan Carstens; MIBA-Verlag, 2006
Signale - Band 2; Stefan Carstens; MIBA-Verlag, 2006
Signale - Band 3; Stefan Carstens; MIBA-Verlag, 2007
letzte Änderung:
26. Oktober 2008
Veröffentlichung:
26. Oktober 2008