telegrafisches Kurzzeichen: | BEBD, vormals Ebs |
eröffnet: | 1. Oktober 1894 (als Eichbornstraße) |
elektrischer Betrieb seit: | 16. März 1927 |
Zugverkehr eingestellt: | 9. Januar 1984 |
Zugverkehr wieder aufgenommen: | 28. Mai 1995 |
Station liegt an der | Kremmener Bahn |
Tegel | Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik |
Als die Station am 1. Oktober 1894 in Betrieb ging, lag sie noch ebenerdig und überquerte mittels eines Bahnüberganges die namensgebende Eichbornstraße. Nach der Jahrhundertwende begann aufgrund des Aufbaus des zweiten Gleises auch die Höherlegung der Strecke und des Bahnsteiges. Das Empfangsgebäude riß man ab, der neue Zugangsbereich entstand jetzt unterhalb des Bahnsteigniveaus. Die Eichbornstraße wurde nun mittels Brücken überquert.
Die erst 1920 entstandene Deutsche Reichsbahn beschloß, die Kremmener Bahn als dritte (und letzte) der Nordstrecken der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen zu elektrifizieren. Im Frühjahr 1926 begannen die entsprechenden Bauarbeiten und schon Mitte Januar 1927 war die gesamte neue elektrische Anlage betriebsbereit. Anfang Februar begannen die ersten Probefahrten und am 16. März wurde der elektrische Betrieb aufgenommen. Im Jahre 1928 wies der Mittelbahnsteig nur ein halbes Dach auf, das wegen des am westlichen Bahnsteigende liegenden Zuganges auch dort begann.
Alle Bahnsteigaufbauten auf einen Blick: Aufsichtsgebäude, Warteraum, Bahnsteigüberdachung und Zugangsbauwerk (um 1981).
Knapp anderthalb Wochen vor der Eröffnung des nördlichen Abschnittes des Nordsüd-S-Bahntunnels führte die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft ab dem 15. Mai 1936 einen 20-Minutentakt nach Velten ein, der den bis dahin gefahrenen 30-Minutentakt ablöste. Am 20. Mai 1937 benannte der Berliner Magistrat die Eichbornstraße in Eichborndamm um, interessanterweise folgte der S-Bahnhof nicht der Namensänderung. Dieses Kuriosum blieb (wahrscheinlich wenn auch nicht wirklich so gewollt) für die nächsten 57 Jahre bestehen. Einer der Gründe hierfür dürfte auch gewesen sein, daß mit der Rückkehr des Zweiten Weltkrieges an seinen Ausgangsort alsbald nur noch das Überleben wichtiger war als diverse Namenskorrekturen. Spätestens Ende Mai 1945 blieb auch am S-Bahnhof Eichbornstraße der Zugverkehr eingestellt.
Montag, 11. Juni 1945: der erste Zug fuhr nach Kriegsende wieder die Station an. Der mit einer Dampflok gefahrene Zug verkehrte nur einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag. Erst am 13. August 1945 wurde ein 120-Minutentakt wieder eingeführt, den die Reichsbahn schon sechs Tage später auf einen Stundentakt verdichtete. Die damalige Sowjetunion ließ als eine der Siegermächte im Rahmen der Reparationsleistungen das zweite Gleis der Kremmener Bahn abbauen. In den nachfolgenden Jahren normalisierte sich das Leben in Berlin wieder, doch was ist in einer Stadt normal, die in vier Besatzungszonen aufgeteilt ist und in der jeden Tag aufs Neue die Widersprüche der Gesellschaftssysteme aufeinanderprallten? Spätestens nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 mußte das die S-Bahn selber schmerzlich erfahren. Der vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ausgerufene S-Bahnboykott übertrug die ohnmächtige Wut der Westberliner Bevölkerung auf die rot-gelben Züge, die seit Kriegsende unter Ostberliner Verwaltung fuhren. In diesen ersten Boykottagen und -wochen wurden Bahnhöfe und Fahrzeuganlagen zerstört, Reichsbahner angefeindet sowie die Zugverkehre zeitweise empfindlich gestört. Die Fahrgastzahlen gingen rapide zurück, so daß auf vielen Westberliner S-Bahnhöfen tagsüber eine fast gespenstige Ruhe herrschte. So auch auf dem Bahnhof Eichbornstraße.
In nicht mehr ganz zweieinhalb Wochen wird der S-Bahnhof Eichbornstraße geschlossen werden.
Links im Bild das seit 1975 nicht mehr befahrene Bahnsteiggleis 1 (23. Dezember 1983).
Auf diesem befand sich zu dieser Zeit im Dienstraum eine Blockstelle, die den Streckenabschnitt zwischen Tegel und Reinickendorf sicherungstechnisch unterteilte. Der diensthabende Blockwärter nahm auch gleich die Funktion der Aufsicht wahr. Viel war trotzdem nicht zu tun, auch wenn die S-Bahnzüge die Station seit dem 15. Oktober 1961 wieder im 20-Minutentakt anfuhren. Das südlich gelegene Bahnsteiggleis 1, welches 1945 als Reparationsleistung gen Osten verschwand, wurde um 1974 wieder aufgebaut. Grund hierfür war die Brückenerneuerung über den Eichborndamm bzw. der Brückenneubau über die Verlängerung der Antonienstraße. Die Ostberliner Reichsbahn bedang sich damals die konstruktive Berücksichtigung für das ehemalige zweite und für das schon in den Germania-Planungen vorgesehene dritte Gleis aus - und der Westberliner Senat folgte diesem Wunsch. Bis 1975 waren diese Bauarbeiten beendet, die S-Bahn kehrte nun wieder auf ihr ursprüngliches Bahnsteiggleis 2 zurück. Schwellen-, Gleis- und Stromschienenreste des alten Gleises 1 kann man auch heute noch erkennen. Übrigens: wer genau hinsieht, wird die vorbereiteten Brückenwiderlager für das schon in den Germania-Planungen vorgesehene dritte Streckengleis entdecken. Bei den in Richtung Tegel vorhandenen Bahnbrücken über die Innungsstraße und die Holzhauser Straße wurden die Gleiströge für das zweite Gleis Ende der 1970er Jahre ebenfalls eingebaut sowie das dritte Gleis konstruktiv vorgesehen.
In der dritten Septemberwoche des Jahres 1980 brach der Zweite Reichsbahnerstreik aus. Mit Betriebsbeginn am 18.9. rollte für die nächsten zehn Tage kein Zug mehr auf der Kremmener Bahn. Erst drei Tage nach Streikende, also ab dem 28. September, fuhren die rot-gelben Züge wieder durch den Bezirk Reinickendorf. Das ohnehin schon schlechte Ansehen der S-Bahn litt weiter, die Züge der nun neuen Zuggruppe Nathan transportierten viel warme Luft hin und her. Mit der Übernahme der Betriebsrechte durch die BVG am 9. Januar 1984 wurde die Situation nicht wirklich besser. Der neue Betreiber stellte den S-Bahnverkehr zwischen Schönholz und Heiligensee sofort ein. Auch die im Aufsichtsraum eingebaute Blockstelle wurde kurz darauf aufgegeben, der Bahnhof und sein Zugang geschlossen. Einzig die Gleise blieben durch die wenigen Güterverkehre zwischen Schönholz und Tegel sowie durch die regelmäßig fahrenden französischen Militärzüge blank. Und doch verirrte sich hier ab und zu eine S-Bahn an die alte Bahnsteigkante. Die nahe Tegeler Waggon Union grundsanierte in ihrem nördlich des Haltepunktes gelegenen Werk an der Miraustraße die von der BVG übernommenen Fahrzeuge der BR 275. Ab dem Jahre 1986 erprobte sie hier auch die neuen Züge der Baureihe 480.
Das Bild (Blickrichtung Tegel) verdeutlicht den ungenutzten Platz des Bahnsteiges.
Hier könnte jedoch eines Tages mal ein Zugang von der General-Barby-Straße hinzukommen (1. April 2007).
Siebenundfünfzig Jahre nach der Straßennamenänderung wurde zum Fahrplanwechsel am 29. Mai 1994 die Station von Eichbornstraße in Eichborndamm umbenannt - S-Bahnzüge verkehrten hier jedoch weiterhin nicht. Erst ein Jahr später, am 28. Mai 1995, nahm die noch junge S-Bahn Berlin GmbH den S-Bahnverkehr zwischen Schönholz und Tegel wieder auf. Wie vor der Stillegung nutzt man seitdem auch hier wieder das nördliche Bahnsteiggleis 2, die südliche Bahnsteigkante bleibt durch einen Zaun abgesperrt. Der Bahnsteig ist zwar noch in seiner gesamten Länge und Breite erhalten, jedoch wurde nur die nordwestliche Bahnsteigseite auf der Länge eines Dreiviertelzuges (ca. 110 Meter) entsprechend für den Fahrgastverkehr hergerichtet. Weitere große Änderungen an der Bausubstanz nahm man nicht vor, das gesamte Bahnhofsensemble erhielt jedoch eine Auffrischung. Der Treppenzugang wie auch das Bahnsteigdach wurden komplett grundsaniert. Mit der Neuinbetriebnahme fertigte die Aufsicht in Tegel die Züge durch Kamerabeobachtung ab, das ist jedoch auch schon wieder seit Mitte 2006 Geschichte. Ein Aufzug im Zugang Eichborndamm bzw. ein zusätzlicher Zugang von der General-Barby-Straße sind bis heute nicht realisiert worden.
Tegel | Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik |
Autor:
Mike Straschewski
Quellen und weiterführende Buchtipps:
Die Kremmener Bahn; Peter Bley, Verlag Bernd Neddermeyer, 2004
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998
weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps
www.kremmener-bahn.net
Veröffentlichung:
21. August 2010
letzte Änderung des Textes: 7. Mai 2011