telegrafisches Kurzzeichen: | BSZF, vormals Szf |
eröffnet: | 1. Oktober 1893 (als Schulzendorf-Heiligensee) |
elektrischer Betrieb seit: | 16. März 1927 |
Zugverkehr eingestellt: | 9. Januar 1984 |
Zugverkehr wieder aufgenommen: | 15. Dezember 1998 |
Station liegt an der | Kremmener Bahn |
Heiligensee | Tegel |
Ein Seitenbahnsteig und ein Empfangsgebäude, mehr bedurfte es nicht, als am 1. Oktober 1893 die Station als "Schulzendorf-Heiligensee" mit der gleichzeitigen Inbetriebnahme der Kremmener Bahn ihre Pforten öffnete. Fast vier Jahre später, am 1. Mai 1897, ging knapp zwei Kilometer weiter nördlich der Bahnhof Heiligensee in Betrieb. Grund genug, um am selbigen Tag seinen eigenen Stationsnamen in ein einfaches Schulzendorf umzuändern. Genau vierzehn Jahre später erhielten die Schilder den Namenszusatz bei Tegel. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung links und rechts der Kremmener Bahn sah sich die 1920 gegründete Deutsche Reichsbahn (DR) gezwungen, die Ausbaupläne ihres Vorgängers, der Königlichen Eisenbahndirektion, weiterhin umzusetzen.
Und so begannen im Jahre 1921 zwischen Tegel und Hennigsdorf die Höherlegung des Bahndammes sowie der Neubau des Perrons, der nun als Mittelbahnsteig ausgeführt wurde. Im Vorfeld der Bauarbeiten wurde der Wunsch geäußert, das zum damals einzigen Zugang von der Ruppiner Chaussee ein weiterer westlicher Zugang hinzukommen möge. Dieser zusätzliche Eingang wurde jedoch nicht realisiert. Der Bahnsteig erhielt zumindest wie auch seine Nachbarstation Heiligensee geschwungene hölzerne Dachstützen, das Dach selber bedeckte nur den nördlichen Teil des Bahnsteiges. Da das Empfangsgebäude seitlich der Strecke angeordnet war, mußte es nicht abgerissen werden. Am 2. September 1924 schließlich ging das zweite Gleis in Betrieb. So war man nun gut gerüstet für ein neues Zeitalter: die DR hatte beschlossen, daß die Kremmener Bahn als dritte (und letzte) der Nordstrecken der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen zu elektrifizieren sei. Im Frühjahr 1926 begannen die entsprechenden Bauarbeiten und schon Mitte Januar 1927 war die gesamte neue elektrische Anlage betriebsbereit. Anfang Februar begannen die ersten Probefahrten und am 16. März wurde der elektrische Betrieb aufgenommen.
Bahnsteigaufsicht und Fahrkartenverkauf in Personalunion (13. Dezember 1983).
Wenige Tage vor der Inbetriebnahme des nördlichen Abschnittes des Nordsüd-S-Bahntunnels führte die Reichsbahn ab dem 15. Mai 1936 einen 20-Minutentakt nach Velten ein, der den bis dahin gefahrenen 30-Minutentakt ablöste. Neun Jahre später fuhr hier nichts mehr - die Rückkehr des Zweiten Weltkrieges in die Hauptstadt des Dritten Reiches brachte Ende April 1945 das komplette Leben in Berlin zum Erliegen. Die ersten Züge fuhren auch erst am 11. Juni wieder, immerhin ein mit einer Dampflok bespannter Zug am Vormittag und einer am Nachmittag. In den nächsten Monaten erhöhte sich das Zugangebot stetig, trotzdem mußte man auch hier Einschränkungen hinnehmen. Durch den Abbau des zweiten Gleises der Kremmener Bahn als Reparationsleistung büßte diese viel von ihrer Streckenkapazität ein, ein Zustand, der bis heute nicht behoben ist.
Der nächste Einschnitt erfolgte mit dem Mauerbau am 13. August 1961. Das nördliche Endziel hieß nun nicht mehr Velten sondern Heiligensee. Die Berliner traten in den S-Bahnboykott, die Reisendenzahlen ließen rapide nach. Die sich seit November 1925 im Dienstraum des Bahnsteiges befindliche Blockstelle wurde kurz darauf außer Betrieb genommen. In den nachfolgenden Jahren zog die Aufsicht in die Fahrkartenausgabe im Passimetergebäude und konnte somit noch den Fahrkartenverkauf übernehmen. Während des Streiks der Reichsbahner im September 1980 rollte hier für zehn Tage kein Zug mehr. Die Reisendenzahlen sanken nochmals, so daß die Reichsbahn bis zur S-Bahn-Betriebseinstellung mit der Übertragung der Betriebsrechte der BVG am 9. Januar 1984 mehr warme Luft als Fahrgäste hier durch den Tegeler Forst fuhr. Nach der Stillegung nahmen der Vandalismus sowie die Brandstiftungen an den Bahnhofsanlagen zu, über das, was übrigblieb, darüber breitete die Natur ihren Mantel aus. Darunter fiel auch die Schmetterlings-Dachkonstruktion des Bahnsteiges, die durch Schädlings- und Schwammbefall starke Schäden hinnehmen mußte. [1]
Wer weiß, ob hier trotz aller Beteuerungen und Pläne je wieder eine S-Bahn gefahren wäre, wenn nicht am 9. November 1989 die Mauer gefallen und somit dieser Teilabschnitt der Kremmener Bahn für die Verkehrsanbindung ins Brandenburger Umland in seiner verkehrlichen Bedeutung wieder zugenommen hätte. Wurde doch ein Teil der nördlich des S-Bahnhof Tegel gelegenen Bahnanlage im Zuge des Ausbaues der A111 nach ihrer Entwidmung im Frühjahr 1986 abgebaut. Im Dezember 1987 ging dieser Teilabschnitt zwischen der Anschlußstelle (AS) Waidmannsluster Damm/Hermsdorfer Damm und der AS Holzhauser Straße in Betrieb. Um nun Schulzendorf, Heiligensee und Hennigsdorf wieder mit der S-Bahn erreichen zu können, wurde ein ca. 1,3 Kilometer langer Abschnitt des Tegeler Forstes der Bahn stadtplanerisch zugeschlagen. Erst im Sommer 1997 konnten die entsprechenden Bauarbeiten beginnen.
Blick in Richtung Heiligensee auf den schon fast fertigen Bahnsteig. Der Bahnsteigneubau ist im Frühjahr 1998 schon sehr weit fortgeschritten, obwohl erst im Herbst 1997 die Abrißarbeiten begannen.
Der alte Schulzendorfer Bahnsteig fiel im Herbst 1997 der Spitzhacke zum Opfer, in den nachfolgenden Monaten erfolgte ein kompletter Neubau. Hierbei errichtete man auch gleich die zweite Bahnsteigkante wieder mit, diese ist heute jedoch mit einem Zaun abgesperrt. Die marode Dachkonstruktion wurde abgetragen und in einer Holzwerkstatt wieder auf Vordermann gebracht. Die nördlich der Station verlaufende Schulzendorfer Straße wird mit einer neuen Bahnbrücke überquert, das Widerlager für die zweite Brücke wurde gleich mit vorbereitet. Da das Land Berlin sich erst spät für den südlich gelegenen zweiten Zugang (Erich-Anger-Weg, Dambockstraße) entschied, erfolgte die Wiedereröffnung des Bahnhofes am 15. Dezember 1998 erst einmal nur mit seinem nördlichen (alten) Zugang. Der Bahnsteig selber hatte anfangs eine Länge von ca. 120 Metern und war somit nur für Dreiviertelzüge nutzbar. Am 9. November 2001 wurde der südliche Zugang mit einem Aufzug seiner Bestimmung übergeben, seitdem erst dürfen besetzte Vollzüge den Perron anfahren.
Die Zugabfertigung erfolgte am Anfang mittels Kameras vom Bahnhof Heiligensee aus, mindestens seit 2006 fertigen sich die Triebfahrzeugführer mittels ZAT jedoch selbst ab.
Heiligensee | Tegel |
Autor:
Mike Straschewski
Quellen und weiterführende Buchtipps:
[1] Lückenschluß nach Hennigsdorf; Hans-Dieter Weigelt, Verkehrsgeschichtliche Blätter Heft 2/2002
Die Kremmener Bahn; Peter Bley, Verlag Bernd Neddermeyer, 2004
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998
weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps
Der Bahnhof Schulzendorf auf www.kremmener-bahn.net
Veröffentlichung:
8. November 2010
letzte Änderung des Textes: 8. November 2010