Bild: Zehlendorf


telegrafisches Kurzzeichen: BZD, vormals Zfm
eröffnet: 22. September 1838 (als Zehlendorf Mitte)
elektrischer Betrieb seit: 15. Mai 1933
Zugverkehr eingestellt: 18. September 1980
Zugverkehr wieder aufgenommen: 1. Februar 1985
Station liegt an der Stammbahn und an der Wannseebahn

Mexikoplatz Sundgauer Straße
Zehlendorf Süd  

Einen Tag vor der Inbetriebnahme der Berlin-Potsdamer Eisenbahn-Gesellschaft wurde der Bahnhof am 21. September 1838 eingeweiht. Die Station, anfänglich mit zwei Seitenbahnsteigen ausgestattet, liegt an der Stammbahn, die als die erste Eisenbahnstrecke in Preußen gilt. Im Jahre 1874 wurde hier ein Abzweig eingebaut: die alte Wannseebahn verband nun Zehlendorf und Wannsee entlang des Griebnitz-, Nikolas-, Schlachten- und Wannsees.

Mit dem Bau der neuen Wannseebahn erfolgte 1891 eine Neugestaltung der Bahnhofsanlagen. Dabei erhielt die Station zwei neue Gleise nördlich der vorhandenen Stammbahnstrecke sowie einen zweiten Mittelbahnsteig. Von Juli 1900 bis Juli 1902 fuhren von hier elektrische Versuchszüge mit 750 Volt Gleichspannung zum Potsdamer Ringbahnhof. Die Erkenntnisse dieses Probebetriebes flossen in den nächsten Versuchsbetrieb von 1903 für die Strecke Potsdamer Ringbahnhof—Groß-Lichterfelde Ost ein.

Bild: Wannseebahnsteig

Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges läuft das normale Leben wieder in geordneten Bahnen.
Links das elektrifizierte S-Bahngleis der Stammbahn (1950).

Ebenfalls ab 1903 fuhren hier erstmalig die so genannten Bankierzüge. Diese speziellen Züge verkehrten werktags nur wenige Male, für sie wurden neue Seitenbahnsteige an der Stammbahn angelegt, die um 1913/14 gegen einen Mittelbahnsteig ausgetauscht wurden. Nach 95jähriger Eisenbahngeschichte hielt hier mit dem 15. Mai 1933 der elektrische S-Bahnbetrieb seinen Einzug. Bald darauf verkehrten auch die Bankierzüge elektrisch, ihr legendärer Ruf ward geboren. Am 1. Oktober 1938 schließlich erfolgte die Umbenennung in Zehlendorf. Der Zweite Weltkrieg hinterließ Schäden an Bahnhof und Strecke. Das Empfangsgebäude wurde zerstört, die Gleise der Stammbahn ebenso. Der Fernverkehr auf der Stammbahn wurde nach dem Kriegsende nicht wiederaufgenommen. Vom 1. Dezember 1945 an bis in das Jahr 1948 hinein pendelte ein Dampfzug zwischen Zehlendorf und Düppel. Am 15. Juni 1948 lösten die elektrischen S-Bahnzüge diesen Dampfbetrieb ab, der Zuglauf änderte sich jedoch bis zum September 1980 nicht. Für die damals vorhandenen beiden Stationen reichte ein Zweiwagenzug aus, die Strecke fungierte somit nur als Zubringer zur Wannseebahn. Der Verkehr mit den Bankierzügen, welche vor und während des Krieges am selbigen Bahnsteig hielten, wurde nicht wiederaufgenommen.

Mit dem Bau der Berliner Mauer setzte auch hier wie überall im Westnetz durch den einberufenen S-Bahnboykott ein Fahrgastschwund ein. Mit dem Reichsbahnerstreik vom September 1980 war endgültig Schluß mit S-Bahnfahren, der Bahnhof wurde für den Personenverkehr geschlossen. Nur noch die dienstlichen Überführungsfahrten vom Anhalter Bahnhof zum S-Bahnbetriebswerk Wannsee rieben den Rost von den Gleisen.

Nach der Übertragung der Betriebsrechte an die BVG am 9. Januar 1984 begannen schon im Frühjahr die ersten Bauarbeiten zur Reaktivierung der Wannseebahn. Schließlich standen im März 1985 Abgeordnetenhauswahlen an und Politiker aller Couleur hatten und haben immer ein Interesse daran, nach jahrelangem Nichtstun dann vieles Ruckzuck zu erledigen und sich feiern zu lassen. Für die Materialversorgung der zahlreichen Baustellen auf der Wannseebahn wurde der sich nordwestlich vom S-Bahnhof befindliche alte Güterbahnhof reaktiviert. Hier zog alsbald die neue Bahnmeisterei (Bm) Zehlendorf ein. Heute sind das Gelände und die damals sanierten Gebäude ungenutzt, ab und an werden auf den Gleisen besondere Arbeitszüge der Bahn abgestellt.

Bild: Ausfädelung Stammbahn

Die Gleisausfädelung im südwestlichen Bahnhofskopf:
links die Stammbahn, rechts die Wannseebahn (1984).

Am 1. Februar 1985 ging die Wannseebahn wieder in Betrieb, die rot-gelben Züge erreichten wieder Zehlendorf. Der alte Bahnsteig an der Stammbahnstrecke blieb unsaniert und bietet heute einen Einblick auf die Architekturkunst vergangener Jahre. Ende 2002/Anfang 2003 erneuerte die Deutsche Bahn AG die Wannseebahn im großem Stil. Das sich am südwestlichen Ende des Wannseebahnsteiges befindliche Stellwerk Zfm ging am 16. Februar 2003 außer Betrieb, heute regelt hier das elektronische Stellwerk in Westkreuz den Verkehr.

Ein Charakteristikum für den S-Bahnhof Zehlendorf sind die fast schon jährlichen Unfälle an denen über den Teltower Damm führenden Bahnbrücken. Immer wieder stießen in der Vergangenheit Lkw und Busse wegen Nichtbeachtung ihrer Fahrzeughöhen an die Brückenträger. Die Brücke des heutigen Gleis 1 (S-Bahngleis nach Wannsee) wurde 1889 eingebaut. Die Durchfahrtshöhe betrug damals nur etwa 3,70 Meter für den Kraftfahrzeugverkehr. Die ab den 1920er Jahren hier eingesetzten Doppeldeckerbusse der ABOAG (ab 1. Januar 1929 Berliner Verkehrs-AG ) konnten den Bahnhof Zehlendorf nicht unterfahren. Die Linie T (Zehlendorf—Teltow) verkehrte mit Doppeldeckerbussen und mußte über Seehofsstraße/Hampsteadstraße/Teltower Damm verkehren.

In den frühen 1960er Jahren erfolgte die Tieferlegung des Teltower Damms, um eine reale Durchfahrtshöhe von 4 Metern zu erreichen (tatsächlich 4,15m - 4,20m). Mit dem zunehmenden LKW-Verkehr gab es jedoch immer häufiger Brückenanfahrten. Besonders nach einigen schweren Anfahrten in den 1990er Jahren nahm die Brücke Schaden, die Geschwindigkeit wurde zunächst für Lokomotiven mit hohem Achsdruck auf 30 km/h beschränkt, später galt diese Einschränkung auch für die S-Bahnzüge. Die Deutsche Bahn AG plant seit 2005 den Ersatz der Brücken. Im Zusammenhang mit dem Neubau eines weiteren Zugangs zum Teltower Damm ist für 2014 angedacht, die Brücke nebst Widerlager zu ersetzen und in den Brückenmauern den neuen Straßenzugang zu berücksichtigen.

Bild: defekter Brückenträger

Erkennbar das infolge einer schweren Brückenanfahrt etwa 1996 zusätzlich angeschweißte Stahlband in der Mitte des Brückenträgers. Genau dieser Punkt ist erneut getroffen worden. Hier in der Brückenmitte lastet hier der größte Druck auf den Trägern (5. September 2010).

Bild: zerstörtes Schotterbett

Der Kranausleger bohrte sich vor dem zweiten Längsträger in die Brücke und drückte das Schotterbett durch (5. September 2010).

Am 1. September 2010 geschah nun eine Brückenanfahrt, die der Brücke richtig zusetzte. Ein Kranteil auf einem Tieflader verklemmte sich unter ihr und durchbohrte sie. Die Bergung dauerte fünf Stunden. Schnell war klar, daß die Brücke einen großen Schaden genommen hatte. Nach mehreren Tagen der Begutachtung, Berechnung sowie der Suche nach möglichen Reparaturlösungen kamen die Verantwortlichen zu dem Schluß, daß die Brücke nicht mehr tragfähig herzustellen sein. Das Anlegen von stabilisierenden Trägern unter der Brücke würde die Durchfahrthöhe einschränken und den Einsatz von Doppeldeckerbussen nicht ermöglichen (derzeit verkehren vier der sechs Buslinien unter dieser Brücke mit Doppeldeckern). Auch der Einsatz von zusätzlichen Stützpfeilern ist ohne Beeinträchtigung des Kraftfahrzeugverkehrs nicht zu realisieren.

Da eine Reparatur nicht möglich war, blieb die Brücke des Gleises 1 bis Mitte November 2010 gesperrt. Terminlich konnte der Neubau nicht vorgezogen werden. Somit wurde am zweiten Novemberwochenende eine provisorische Brücke eingebaut. Seit Betriebsbeginn am 15. November 2010 rollen hier wieder die rotgelben Züge über ein Brückenprovisorium - bis irgendwann mal eine richtige Brücke eingebaut wird.

Mexikoplatz Sundgauer Straße
Zehlendorf Süd  

Autoren:
Detlef Hoge, Mike Straschewski, Markus Jurziczek

Quellen und weiterführende Buchtipps:
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998

weiterführende Links:
Bahnstrecken im Süden Berlins
Der Bahnhof bei Google Maps
Das Stellwerk Zfm auf der Webseite S-Bahn-Fahrdienstleiter
Das Stellwerk Zfm auf der Webseite Berliner Stellwerke

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008


letzte Änderung des Textes: 21. September 2010

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