Bild: Petershagen Nord


telegrafisches Kurzzeichen: BPEN, vormals Pen, auch Gl
eröffnet: 1. August 1944 (als Giebelsee)
elektrischer Betrieb seit: 31. Oktober 1948
Station liegt an der Ostbahn

Fredersdorf Strausberg

Der heutige Haltepunkt Petershagen Nord ist die dritte Station, die den Namen Petershagen trägt. Als Erster erhielt der heutige Bahnhof Fredersdorf von September 1872 bis Januar 1875 diesen Namen. 1919 folgte der Haltepunkt Petershagen an der im September 1872 eröffneten Bahnstrecke Fredersdorf—Rüdersdorf. Um sich von dieser 1965 geschlossenen Station entsprechend abzugrenzen, bekam der hier zu beschreibende Haltepunkt später einen entsprechenden himmelsrichtungsweisenden Namenszusatz.

Die Station wurde erst spät unter dem Namen Giebelsee an dem seit 1. Oktober 1867 bestehenden Streckenabschnitt Berlin—Küstrin der Preußischen Ostbahn eröffnet. In den Planungen der Reichsbahnbaudirektion Berlin aus dem Jahre 1937 war ein zusätzliches Gleispaar bis Strausberg für eine Weiterführung des S-Bahnverkehres von Berlin-Mahlsdorf für einen 20-Minutentakt vorgesehen. Spätestens 1942 wurden die Bauarbeiten als nicht mehr kriegswichtig eingestuft und eingestellt. Nachdem sich der Kriegsverlauf kurz darauf dramatisch änderte, begann im Frühjahr 1943 erneut der vorerst provisorische Ausbau des nun wieder kriegswichtigen Projektes. [1] Denn mit der Errichtung der neuen Vorortgleise gewann die Reichsbahn wichtige Streckenkapazitäten für Militärtransporte auf den vorhandenen Gleisen der Ostbahn. Der Ausbau erfolgte zweigleisig, die Ausrüstung mit Stromschienen sah man erst für einen späteren Zeitpunkt vor. [2]

Der Planungsname für den Bahnhof war Eggersdorf. Dagegen beschwerte sich jedoch die Gemeindeverwaltung von Petershagen bei der Reichsbahndirektion (Rbd) Berlin, lag doch der Bahnhof in ihrer Gemarkung. Die Eggersdorfer wiederum wollten ihren Namen nicht hergeben, so daß die Rbd Berlin der am 1. August 1944 in Betrieb gegangenen Station den Namen Giebelsee gab. Damit mußten nun beide Gemeinden leben. Interessantes Detail: Im Deutschen Kursbuch der Reichsbahn - gültig ab dem 3. Juli 1944 - ist die Station mit dem Namen Eggersdorf eingetragen. Zudem war die Eröffnung der neuen Strecke für den 11. Juli vorgesehen; sie verschob sich um drei Wochen, wie schon geschrieben, auf den 1. August. [2]

Bild: Einfahrt von Fredersdorf kommend

Einfahrt in den Haltepunkt - von Fredersdorf kommend (7. Juni 1983)

Der Bahnhof liegt westlich der heutigen Eggersdorfer Straße und besaß anfangs einen ca. 220 Meter langen Mittelbahnsteig sowie ein kleines Bahnhofsgebäude. Bahnsteigaufbauten gab es so gut wie keine, der Zugang erfolgte ebenerdig am östlichen Bahnsteigende über das Vorortgleis Strausberg—Fredersdorf. Da uns keine zeitgenössischen Überlieferungen zum Betriebsablauf vorliegen, ist anzunehmen, daß der Zu- und Abgang vom Bahnsteig mittels Schranken o.ä. durch den diensthabenden Aufsichtsbeamten geregelt wurde. Immerhin herrschte von Anfang an ein s-bahngemäßer Taktverkehr; die weiterhin mit Dampfloks bespannten Personenzüge verkehrten zwischen 4.28 Uhr und 0.38 Uhr hauptsächlich im 20-Minutentakt – mit Umsteigen in Berlin-Mahlsdorf.

Mit dem Vormarsch der Roten Armee kam im April 1945 der Eisenbahnverkehr auch auf der Ostbahn zum Erliegen. Ab dem 10. September 1945 fuhren erste Züge wieder die Station an; das waren anfangs sieben Zugpaare – ganztags!
1947 demontierte die Reichsbahn das Vorortgleis Strausberg—Mahlsdorf sowie das Ferngleis Fredersdorf—Strausberg. Eine Verwendung der abgebauten Gleise und Baustoffe für den Wiederaufbau der 1945 komplett zu Reparationszwecken abgebauten S-Bahnstrecke nach Erkner ist unbewiesen. [3] Die an der Ostbahn anliegenden Gemeinden bemühten sich zu jener Zeit, die S-Bahn auf das nun verbliebene Vorortgleis zu bekommen – mit Erfolg. Nachdem das Gleis mit Stromschienen und die Strecke mit der entsprechenden elektrischen Infrastruktur versehen war, verkehrten erstmalig die rot-gelben S-Bahnzüge am 31. Oktober 1948 auf dem gerade vier Jahre altem Gleis. Jeder zweite Zug der Zuggruppe E, von Potsdam kommend, fuhr anfangs bis Strausberg durch, der andere endete in Hoppegarten. Am 16. Januar 1949 änderte sich aufgrund eines „Linientausches“ der westliche Endbahnhof in Spandau. Im Frühjahr 1950 führte die Reichsbahn den Zwanzig-Minutentakt nach Strausberg ein. [4]

Bild: Bahnsteigansicht Januar 2008

Aus dem ehemaligen Inselbahnsteig wurde nach dem Rückbau des zweiten Gleises ein Seitenbahnsteig.
Blick am 24. Januar 2008 vom Bahnübergang Eggersdorfer Straße.

Zum Fahrplanwechsel am 30. Mai 1965 stellte die Reichsbahn den Personenverkehr auf der Bahnstrecke Fredersdorf—Rüdersdorf ein. Zwei Jahre später, am 28. Mai 1967, benannte sie den Haltepunkt Giebelsee in Petershagen Nord um.

Ab dem 1. September 1998 diente die Station für einige Wochen neben anderen S-Bahnhöfen der Strecke einem Testlauf zur Triebfahrzeugführer-Selbstabfertigung. Hierbei fertigten sich die Triebfahrzeugführer nur bei den in den Abend- und Nachtstunden verkehrenden Zweiwagenzügen ohne technische Hilfsmittel – außer bei Einsatz der BR 480 - selbst ab, die örtlichen Aufsichten beobachteten die Abfertigungsvorgänge und schritten notfalls ein. [5]

Im Jahr 2006 begannen Bauarbeiten zur Errichtung eines Fußgängertunnels am westlichen Bahnsteigende, um eine bessere Anbindung des südlichen Siedlungsgebietes zu erreichen. Ein Baustop sorgte mehrere Monate für eine ruhende Baustelle; im Januar 2008 konnte der Tunnel ohne große Zeremonie seiner Bestimmung übergeben werden. In den letzten Jahren erfolgte durch die Deutsche Bahn AG eine umfassende Sanierung der Station.

Fredersdorf Strausberg

Autor:
Mike Straschewski

Danksagung:
Der Autor bedankt sich bei Herrn Günter Knobloch, Ortschronist der Gemeinde Peterhagen sowie bei Christoph Marschner von Kursbucharchiv.de für ihre Unterstützung.

Quellen:
[1] S-Bahn-Streckenelektrifizierung Berlin—Strausberg 1948; Dr. Michael Braun; Der Eisenbahningenieur; Heft 4/2005;
[2] Ein Bahnhof wird 60; Günter Knobloch und Heinrich Labuhn; Geschichtsreihe: Vom "Alten Dessauer" zum "Hungrigen Wolf"; Heft 29, erschienen 8/2004
[3] Vor 60 Jahren: Gleisabbau in Brandenburg beendet; Dr. Michael Braun; Der Eisenbahningenieur; Heft März 2009
[4] Der elektrische Betrieb auf der Berliner S-Bahn. Band 4: Aufbau, Improvisation, Erweiterung – 1946 bis 1960; Manuel Jacob; Verlag Neddermeyer; 2008
[5] Kurzmeldung Berliner Verkehrsblätter Heft 10/1998
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998

weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps

Veröffentlichung:
01. August 2019


letzte Änderung des Textes: 1. August 2019

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