Augenzeugenbericht über eine Zugüberführung im August 1961

Die Berliner Verkehrsblätter, Heft 8/1995, berichteten über die direkten Folgen der Grenzschließung:

Von den übrigen Strecken ist bekannt, dass einige Züge hinter dem Stacheldraht stehen bleiben mußten, weil ihnen die Verbindung zum S-Bahn-Netz abgeschnitten war. Im einzelnen handelte es sich um einen Dreiviertelzug der Zuggruppe A, dem eine Stromabschaltung am Notbahnsteig beim Bahnhof Treptower Park zum Verhängnis wurde, zwei Vollzüge der Zuggruppe E (Staaken), einen Vollzug der Zuggruppe 2 (Teltow) und einen Viertelzug der Zuggruppe 6 (Stahnsdorf). In der Nacht vom 14. zum 15. August gab es Überführungsfahrten dieser Züge in die S-Bahn-Betriebswerke.

Ein beteiligter Kollege erinnert sich:

Ein oder zwei Tage nach dem Mauerbau erhielt ich abends einen Anruf. Ich sollte mich zur Rbd begeben und einen Fahrschlüssel mitbringen, weil ein Zug bewegt werden sollte. Dort angekommen, ging es sehr geheimnisvoll zu. Ich mußte allein warten, weil ich nicht mitbekommen sollte, daß noch andere Kollegen ähnliche Vorladungen hatten. Wir sind dann zu dritt im Auto zum Bahnhof Teltow gefahren worden und sollten uns auf dem Stellwerk melden. Dort übergab uns ein Zivilist einen verschlossenen Umschlag. Darin enthalten war ein Brief mit dem Befehl, den dort stehenden S-Bahn-Zug vorzubereiten und zu einem späteren Zeitpunkt auf Abfahrauftrag nach Nordbahnhof loszufahren. Der Zivilist hat den Brief sofort nach dem Lesen wieder abgenommen. Nachdem der Stacheldraht, der am Bahnsteigende die Gleise versperrt hat, weggeräumt wurde, sind wir elektrisch zum S-Bw Nordbahnhof gefahren.

Aus überlieferten Unterlagen ergibt sich, daß am 15. August vormittags kein S-Bahn-Zug mehr auf abgetrennten Gleisen stand. Ein Mitarbeiter weiß noch, daß eine Fahrzeugdispatcherin einige Tage nach dem Mauerbau den S-Bahnzug rausgefahren hat, der sich zwischen Sonnenallee und Treptower Park befand.

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