Umsetztechnologie


Ein Umsetztriebfahrzeugführer besetzte den hinteren Führerstand (Richtung Lichtenrade), während der so genannte Stammtriebfahrzeugführer (Stamm-Tf) nach dem Rangierauftrag den Zug in Richtung Potsdamer Platz bewegte. An einer festgelegten Stelle im Tunnel hielt er an und der umsetzende Tf konnte, nachdem er die rechte erste Fahrgastraumtür öffnete, mit dem Fahrdienstleiter (Fdl) AHU mittels einer Sprechsäule Kontakt aufnehmen, ohne den Zug zu verlassen.

Der Fdl erteilte dann fernmündlich nach dem Umstellen der Weiche den Auftrag zum Rangieren an den Bahnsteig. Daraufhin fuhr die Rangierabteilung (Rabt) über Gleis 3 mittels des Rangiersignals Ra 12 weiter in die südliche Kehranlage. Dort angekommen bekam der Stamm-Tf wiederum Signal Ra 12 und zog die Rabt vor zum Bahnsteig A, Gleis 2. Nach der Ankunft wechselte er dann den Führerstand und fuhr wieder zurück nach Lichtenrade. Der Umsetz-Tf begab sich wieder zum Bahnsteig B und wartete auf den neuen Zug.

Bild: Haltetafel

Die Haltetafel für Dreiviertelzüge.

Umständlich, zeitraubend und personalintensiv - außerdem wollte die BVG einen 10-Minutentakt fahren. So baute man am 18. Februar 1984 die Weichen 1 und 2 südlich des Bahnsteiges B ein (Signaltechnische Vorbereitungen dazu gab es schon zu Zeiten der DR). Am 27. Februar 1984 wurde diese Verbindung um 9:00 Uhr in Betrieb genommen, so dass die Züge aus Lichtenrade gleich auf Gleis 3 des Bahnsteiges B einfahren konnten und der Stamm-Tf seinen Zug alleine über die Kehranlage umsetzen konnte.


Bild: Gleisplan 1958 Bild: Gleisplan 1985
Der Gleisplan von 1958. Der Gleisplan von 1985.
Unterhalb des Bahnsteiges B ist die neue Weiche erkennbar.

Diese Technologie war jedoch auch nach dem Einbau der beiden Weichen notwendig. Denn Anhalter Bahnhof war Standort eines Reservezuges, der entweder auf Gleis 5 oder 6 in der Kehranlage auf seinen Einsatz wartete. Wurde nun ein Tausch eines Umlaufes auf der Linie S2 erforderlich, erfolgte dieser in der Regel über Gleis 3 und 4 so:
Der ankommende Umlauf aus Wannsee der Linie S1 übernahm ab Anhalter Bahnhof die Weiterfahrt des Umlaufes der S2 nach Frohnau. Somit stand der Umlauf der S2 auf Gleis 4 und mußte über die Notkehre umgesetzt werden. Signaltechnisch gab es immer noch ein kleines Problem: Die Sv-Ausfahrsignale in Richtung Potsdamer Platz sind für die nächste Zugfahrt nicht auf Fahrt stellbar. Die nächste Fahrt erfolgt dann immer auf Ersatzsignal Zs 101.

Bild: Ausfahrweiche

Die Ausfahrweiche in Richtung Potsdamer Platz. Rechts mittig erkennbar die gelbe Sprechstelle, um mit dem Fahrdienstleiter Kontakt aufzunehmen.

Der Fahrplan in Richtung Norden war durch die BVG für Anhalter Bahnhof so organisiert, daß die ankommende S1 auf Gleis 3 gleich einen unmittelbaren Anschluß an die S2 am Gleis 4 hatte. Und das alle 10 Minuten. Anders war also der Tausch gar nicht machbar, da die Gleise 3 und 4 immer zeitgleich belegt waren. Die beiden Weichen 1 und 2 waren nach der Verlängerung der S2 nach Gesundbrunnen am 1. Mai 1984 "fast" schon wieder überflüssig.

Das hier beschriebene Procedere fand teilweise mehrmals täglich statt. Es wurde insbesondere dann notwendig, wenn der Wagenmeister des S-Bw Wannsee bestimmte Züge zugeführt haben wollte, die gerade auf der S2 im Einsatz waren. Im Gegensatz zur Vorgehensweise der Deutschen Reichsbahn war es bei der BVG nicht üblich, den Reservezug nach dem Tausch in den Planeinsatz wieder zurückzutauschen. Dieser blieb dann im "Rennen".

Seltener waren hingegen Tauschmanöver über Gleis 2. Das ging so: Der Zug aus Richtung Potsdamer Platz fuhr am Gleis 2 planmäßig ein (hintere Hälfte). Da immer Halbzüge im Einsatz waren, fuhren die Züge sowieso immer bis zur Haltetafel für Kurzzüge. Aus der Kehre kam nun der Tauschzug ebenfalls nach Gleis 2 eingefahren. Die Fahrgäste liefen dann zum Zug nach vorne. Der vordere Zugteil setzte seine Fahrt planmäßig fort, der hintere fuhr dann nach Wannsee oder vorübergehend in die Kehranlage.


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Autor:
Matthias Arndt

letzte Änderung:
26. Oktober 2008

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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