Höchstleistung - Die S-Bahn und die Olympischen Sommerspiele 1936

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Eine große Bewährungsprobe hatte das zur damaligen Zeit modernste Nahverkehrsmittel der Welt vom 1. August 1936 bis 16. August 1936 zu bestehen: den zusätzlichen Transport der Besucher der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin. Doch nicht nur die S-Bahn als Nahverkehrsmittel, auch von der damaligen Reichsbahn wurden Leistungen erbracht, die Respekt verdienen.

Nur schwerlich ist heute vorstellbar, das sich zur damaligen Zeit ein Großteil des An- und Abreiseverkehrs auf der Schiene abspielte. Neben dem normalen Urlaubsverkehr des Sommers lastete der zusätzliche Olympiaverkehr die großen Berliner Fernbahnhöfe bis an ihre Schmerzgrenze aus.

Ein paar begleitende Informationen zum Fernverkehr dieser 16 Tage

In Durchführung der Fahrplanarbeiten des olympischen Reiseverkehrs wurden von der Reichsbahndirektion (Rbd) Berlin zunächst für sämtliche einmündenden Strecken sogenannte "Höchstleistungsfahrpläne" aufgestellt, indem die für die Ankunft und Abfahrt der Züge verwendbaren Fahrplanlücken mit zusätzlichen Fahrplänen ausgefüllt wurden.

Während man aus dem Osten, dem Südosten und dem Norden nur mit verhältnismäßig geringem Verkehr zu rechnen hatte, war der Hauptverkehr aus dem Süden, dem Südwesten und dem Westen, also auf den Berliner Fernbahnhöfen der Stadtbahn sowie auf dem Anhalter und Potsdamer Bahnhof zu erwarten. Zur Entlastung des Anhalter Bahnhofs wurden Sonderzüge aus Richtung Halle und Dresden über die Ringbahngleise nach dem Bahnhof Grunewald geführt, desgleichen wurden zur Entlastung der Stadtbahn Züge von Köln und dem Ruhrgebiet zum Potsdamer Bahnhof geleitet.
Reisende aus den nördlichen Landesteilen konnten ab Stettiner (Fern-)Bahnhof die am 28. Juli 1936 noch rechtzeitig und mit großem Zeitdruck neu eröffnete Nordsüd-S-Bahn-Teilstrecke bis Unter den Linden nutzen und nach abermaligem Umsteigen im Bhf Friedrichstraße die Zubringer zu den Sportstätten erreichen.

Bild: Besichtigungsfahrt

27.7.1936 - Besichtigungsfahrt auf der neuen Nordsüd-S-Bahn mit einem geschmückten Zug der Bauart Olympia, hier auf dem Stettiner Bahnhof

Insgesamt wurden in der Zeit vom 31. Juli bis 18. August 1936 1064 ankommende und 1054 abfahrende, zusammen 2118 Fernsonderzüge gefahren. Von diesen waren 1209 Vor- und Nachzüge, 504 Gesellschafts- und Verwaltungs-, 178 KdF (Kraft durch Freude)-Sonderzüge und 227 Leerzüge.

Bild: Diagramm

Anzahl der Sonderzüge des Fernverkehrs auf Berliner Bahnhöfen.

Die täglichen Besucherzahlen hatten ihren Höchstwerte am 9. August 1936 mit nahezu 160.000 ankommenden Fernreisenden, sowie am 16. August mit 195.650 Abreisenden.
Insgesamt sind vom 28. Juli bis 18. August im Fernverkehr 4.068.570 Reisende befördert worden, wovon 2.104.500 auf die Ankunft und 1.964.070 auf die Abfahrt entfielen.

Die Vorbereitungen

Der überwiegende Teil dieser Besucher nutzte die S-Bahn, um zu den Sportstätten zu gelangen. Eine Aufgabe, die im Regelverkehr nicht zu meistern gewesen wäre. Auch nicht mit den vorhandenen baulichen Anlagen einzelner Bahnhöfe im Umfeld der Sportstätten.

Die Vorbereitung zur Bewältigung des gesteigerten Nahverkehrs auf der S-Bahn erforderte zunächst eine Reihe baulicher Ergänzungen der S-Bahnanlagen, von denen als wichtigste die Umgestaltung des S-Bahnhofs Reichssportfeld (heute: Olympiastadion) zu nennen ist, welcher außer einer Reihe neuer Fahrkartenverkaufshäuschen auch eine neue Zugangsbrücke mit einem zusätzlichen Ausgang nach der Trakehner Allee erhielt.

Bild: Ausgang zur Trakehner Allee

Bahnhof Reichssportfeld - Ausgang zur Trakehner Allee.

Im Bahnhof Reichssportfeld selbst standen 4 Bahnsteige mit 8 Gleisen am Kopfbahnhof sowie der Vorortbahnsteig mit seinen zwei Gleisen für die zahlreichen Reisenden bereit.
Der Kopfbahnhof konnte sowohl von elektrischen S-Bahnzügen wie auch von dampfgeführten Zügen auf jedem Bahnsteig angefahren werden. Weichenverbindungen am Kopfende der Bahnsteige sowie separate Umfahrgleise zwischen den Bahnsteiggleisen ermöglichten das rasche Umsetzen der Dampflokomotiven.

Bild: neue Fußgängerbrücke

Bahnhof Reichssportfeld: neue Fußgängerbrücke, im Vordergrund der Vorortbahnsteig.

Auch die Bahnhöfe Pichelsberg und Deutschlandhalle (heute: Messe Süd/Eichkamp) erhielten neue Ausgänge, im Bahnhof Charlottenburg wurde zur Ermöglichung eines verstärkten Zugverkehrs nach dem Bahnhof Reichssportfeld östlich der S-Bahnsteige eine neue Kehrgleisanlage geschaffen.

Insgesamt wurden für die genannten und eine Reihe kleinerer Verbesserungen und Ergänzungen sowie für den Festschmuck sämtlicher Berliner Bahnhöfe (einschließlich Fernbahnhöfe) rund 1,5 Millionen Reichsmark ausgegeben.

Bild: ausfahrender Zug 1974

Der Bahnhof Olympiastadion im Jahre 1974 mit einem Zug der BR 275.
Der Pfeil zeigt auf die Lage der ehemaligen Umfahrungsgleise für die Dampflokomotiven zwischen den eigentlichen Bahnsteiggleisen.


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