Die S-Bahn zur Fußball-Weltmeisterschaft 1974

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Die Abwicklung des Sonderverkehres

Zum Zeitraum der WM fanden noch im S-Bahnhof Westkreuz dringende Sanierungsarbeiten statt, welche schon 1973 begonnen hatten. Dadurch stand der Bahnsteig B (stadteinwärts) nicht zur Verfügung, der gesamte S-Bahnverkehr von/zur Stadtbahn nach/von Wannsee bzw. Spandau West/Staaken musste nun durch dieses Nadelöhr gelotst werden. Im Regelverkehr hatte die damalige Zuggruppe "H" (Heinrich - Friedrichstraße - Westkreuz - Spandau West/Staaken) in Westkreuz 5 Minuten Aufenthalt, um umsteigenden Ringbahnfahrgästen einen Anschluß zu ermöglichen. Um einen Rückstau der Züge auf der Strecke zu vermeiden, musste die Zuggruppe H einen entsprechenden Ausgleichshalt in Charlottenburg einlegen.

Die Zuggruppe H verkehrte nach vielen Jahren wieder mit Vollzügen - ein ungewohntes Bild in Westberlin. Interessantes Detail am Rande: bei der Einfahrt in den Bahnhof Staaken mussten die Triebfahrzeugführer gemäß der jeweiligen Fplo die Türschließeinrichtung nochmals bedienen, um ein vorzeitiges Aussteigen von Reisenden (heute nennt man ebendiese Fahrgäste) zu verhindern. Hintergrund war, dass die letzten beiden Wagen nicht im Bereich des erhöhten Bahnsteiges zum Halten kamen. Dadurch wollte man einem "Absturz" von Reisenden zuvorkommen.

Die beiden nachfolgenden Tabellen geben einen Gesamtüberblick über die abweichenden Zugbildungen bzw. über die Sonderzüge:


Zuggruppe von nach Verkehrstage [1] Viertelzugbildung
normal
Viertelzugbildung
Sonderverkehr
Bemerkung
H Friedrichstraße Staaken 1; 2; 3 2/4 4/4 (nur 14.6. und 22.6.) 10-Minutentakt bis Spandau West
A Sonnenallee Gesundbrunnen 1; 2; 3 2/4 3/4  
C Köllnische Heide Gesundbrunnen 1; 2; 3 2/4 2/4 (3x 3/4) [2]
CI Westend Papestraße 1; 2; 3   3/4 Bedarfszuggruppe
G Köllnische Heide Westend* 1; 2; 3 2/4 2/4 * statt Zoologischer Garten
O Charlottenburg Olympiastadion 1   6x 4/4 und 2x 3/4  
O Friedrichstraße
Bahnsteig A
Olympiastadion 2   3x 4/4 DDR-Fußballfans

Es verkehrten die folgenden Sonderzüge:


Sonderzug gestellt vom S-Bw Zugstärke für die Bedarfzuggruppe Verkehrstage [1]
S1 Wannsee 4/4 O [3] 1; 2
S2 Wannsee 4/4 O [3] 1; 2
S3 Wannsee 4/4 O [3] 1; 2
S4 Wannsee 4/4 O 1; 2
S5 Wannsee 4/4 O 1; 2
S6 Wannsee 4/4 O 1; 2
S7 Papestraße 3/4 O 1; 2
S8 Papestraße 3/4 O 1; 2
S9 Papestraße 3/4 CI 1; 2
S10 Papestraße 3/4 CI 1; 2
S11 Papestraße 3/4 CI 1; 2
S12 Wannsee 4/4 O 1; 2
S13 Wannsee 4/4 O 1; 2
S14 Wannsee 4/4 O 1;2

Hinweise:
[1] Verkehrstag 1 = 14.6.1974; Verkehrstag 2 = 18.6.1974; Verkehrstag 3 = 22.6.1974
[2] die drei Dreiviertelzüge der Zuggruppe C wurden am 18.6.1974 als Sonderzüge S9 - S11 für die Bedarfszuggruppe CI verwendet
[3] am 18.6.1974 verkehrten die Sonderzüge S1 - S3 von Friedrichstraße (Bahnsteig A) zum Olympiastadion und wieder zurück

Der Reservezug Wk (Standort Westkreuz) wurde auf Vollzug und der Reservezug Par (Standort im S-Bw Papestraße) wurde auf Dreiviertelzug verstärkt.

Da die drei für Westberlin verantwortlichen S-Bahnbetriebswerke Wannsee, Papestraße und Nordbahnhof den erhöhten Fahrzeugeinsatz nur bedingt aus dem eigenen Beständen decken konnten, wurden aus den Ostberliner S-Bahnbetriebswerken Friedrichsfelde und Grünau mindestens 16 Paßviertel bereitgestellt:

S-Bw Friedrichsfelde: 275 633/634 [4] 691/692; 699/700; 717/718; 787/788; 797/798; 805/806; 823/824
S-Bw Grünau: 275 697/698; 799/800; 947/948; 949/950; 955/956; 957/958; 967/968; 971/972.
[4] Viertelzug wurde von der Einsatzstelle Oranienburg bereitgestellt.

Diese Viertelzüge kamen hauptsächlich auf der Zuggruppe H zum Einsatz. Die Wagen fuhren immer in der Mitte, also umschlossen von den Westvierteln.

Bild: Sanitätszug

Eine fahrzeugtechnische und betriebliche Besonderheit stellte der aus dem Viertelzug 276 073/074 bestehende Sanitätszug dar (siehe oberes Bild). Dieser ex-Peenemünder (ex ET/EB 167 290, ausgemustert als 477 608 bzw. 877 606) stand am heute nicht mehr vorhandenen Sonderbahnsteig F, Gleis 14. Seine Fenster waren weiß gestrichen, im Stillstand des Fahrzeuges kündete eine Rot-Kreuz-Fahne von der außergewöhnlichen Hilfestation. Dieser Zug erreichte den Sonderbahnhof an allen drei Spieltagen immer als Erster und verließ ihn immer als Letzter.


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