Sechzehn Tage lang, vom 30. März bis zum 16. April 2012, war ein Teil der östlichen Ringbahn zwischen den Bahnhöfen Schönhauser Allee und Treptower Park gesperrt. Grund hierfür war neben der Inbetriebnahme der neuen Ringbahnhalle am Ostkreuz und der dazu nötigen Gleisverschwenkung auch die Inbetriebnahme des neuen elektronischen Stellwerkes Frankfurter Allee (BFA). Mit dem Stellwerk, das von der Betriebszentrale in Halensee aus ferngesteuert wird, gingen auch neue Signale des Kombinationssignalsystems in Betrieb. Diese lösten die erst in diesem Abschnitt zwischen 1984 und 1989 eingeführten Hl-Signale ab. Insgesamt nahm die DB Netz AG, die sich bei der Berliner S-Bahn als Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) u.a. verantwortlich für die Signale, Stellwerke und Gleise verantwortlich zeichnet, auf dem ca. 8,2 Kilometer langen Streckenabschnitt fast 100 Signale, 31 Weichen und 90 Fahrsperren neu in Betrieb. Die dafür erforderliche vierzehntägige Streckensperrung diente neben der Umschwenkung der Gleise für das Befahren der neuen Ringbahnhalle am Ostkreuz auch dem Abbau und Entfernen der alten Signaltechnik sowie dem Neuanschließen der nötigen Kabel und Gleisabschnitte für die neue Technik.
Ein kleiner Rückblick
Auf dem betroffenen Abschnitt wurden die jetzt abzubauenden Hl-Signale erst in den 1980er Jahren aufgebaut, damals tauschte die Deutsche Reichsbahn diese gegen die aus dem Jahre 1938 stammenden Sv-Signale aus:
Diese Umbauten fanden bei laufendem Betrieb statt. Man arbeitete wohl nicht ganz sauber, denn bei den diesjährigen Umbauarbeiten fanden die Arbeiter noch Reste der alten Verkabelung der Sv-Signale.
Umbau der Sv-Signale auf Hl-Signale im Jahr 1984. Hier zwischen Treptower Park und Ostkreuz, Bahnsteig A.
Der Umbau im Frühjahr 2012
Das neue elektronische Stellwerk hat einen Stellbereich vom S-Bahnhof Prenzlauer Allee bis ca. 900 Meter vor dem S-Bahnhof Sonnenallee. In Richtung Plänterwald reicht der Stellbereich bis zur Brücke über die Puderstraße. Nach Wiederherstellung der Südringkurve am Bahnhof Ostkreuz wird sich der Stellbereich nochmals entsprechend vergrößern. Der Standort für das Stellwerk BFA wurde bewußt am Bahnhof Frankfurter Allee ausgewählt. Somit konnte die bei elektronischen Stellwerken vorgegebene maximale Stellentfernung von 4,5 Kilometern entsprechend eingehalten werden.
Die Betriebsführung zwischen den Bahnhöfen Greifswalder Straße und Treptower Park erfolgt, wie auch schon vor den Bauarbeiten wieder als zweigleisiger Betrieb. Die anderen Streckenabschnitte der Ringbahn (Sonnenallee (Köllnische Heide)—Westkreuz—Greifswalder Straße (a)) werden betrieblich als zweimal eingleisige Strecken betrieben. Hintergrund ist hier eine Änderung der Betriebsphilosopie beim EIU. Die Signalstandorte sind wegen der Einheitlichkeit gegenüber dem "restlichen Ring" auch rechts bzw. über dem Gleis angeordnet worden - und nicht wie es sonst bei einem zweigleisigen Betrieb zu erwarten wäre links vom Gleis.
Die Signalabstände sind für eine Regel-Zugfolge von 150 Sekunden ausgelegt (vorher mit AB 70S 120 Sekunden), in Verspätungsfällen kann die Zugfolge bis auf 120 Sekunden herunter minimiert werden. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit beträgt 80 km/h.
Im Bereich des Bahnhofes Greifswalder Straße wurde die Weichenverbindung zum Fernbahnteil des Bahnhofes beibehalten. Eventuelle Fahrten können nur als Rangierfahrten durchgeführt werden. Auf dem Bahnhof Ostkreuz können mittels der Aufsicht die Züge mit den Abfertigungssignalen Zp10 (Türen schließen) und Zp9 (Abfahren) abgefertigt werden. Auf den anderen fünf Stationen ist ein entsprechendes Lichtsignal nicht vorgesehen worden, hier würde die eventuelle Abfertigung durch eine Aufsicht über Funk erfolgen.
Der Ringbahnsteig des Bahnhofes Ostkreuz ist ein kompletter Neubau. Er erhielt erstmals eine Bahnsteighalle. Diese Halle, erdacht vom selben Architekturbüro des Bahnhofes Südkreuz mit Baubeginn im April 2011, ist 132 Meter lang, 48 Meter breit und 15 Meter hoch und überdeckt zum größtenteils den ca. 152 Meter langen Ringbahnsteig. Insgesamt 450 Glasscheiben lassen das Licht herein und Regen und den ein oder anderen Wind draußen. Die Abfertigung erfolgt hier über eine örtliche Aufsicht mittels einer Fernbeobachtungsanlage. Wie auch Greifswalder Straße behielt auch Ostkreuz seine Kehranlage. Während bei ersterer Station weiterhin drei Gleise vorhanden sind, baute man bei letzterer von den einst zwei Gleisen nur noch eines wieder auf.
Der Bahnhof Treptower Park befindet sich bis zur voraussichtlichen Inbetriebnahme der Südringkurve Ende 2014 weiterhin in einem Bauzustand. Von den einst vier Bahnsteiggleisen werden derzeitig nur drei bedient, Gleis 2 bleibt vorerst außer Betrieb. Außer Betrieb gingen am 31. März 2012 um 22:00 Uhr neben 92 Signalen des Hl-Systems (Aufzählung ohne Vorsignale aber mit Signalen des Gegengleises) und auch die drei Stellwerke Tw (Treptower Park West), Okn (Ostkreuz Nord) und B3 (Greifswalder Straße) sowie der zukünftige Regionalbahnsteig des Bahnhofes Ostkreuz.
Das offizielle Inbetriebnahmedatum für das elektronische Stellwerk Frankfurter Allee und für die 99 neu aufgestellten Signale des Ks-Systems (Aufzählung ohne Vorsignale aber mit Signalen des Gegengleises) ist der 14. April 2012 um 22:00 Uhr. Am frühen Morgen des 16. April 2012 um 4:02 Uhr fuhr im Umlauf S41/1 die erste offizielle Fahrgastfahrt in Richtung Südkreuz in die neue Ringbahnhalle ein. Wie nicht anders zu erwarten war der morgendliche Andrang der Fotografen entsprechend groß. Offiziell wurde der neugebaute Bahnsteig gegen 11:00 Uhr in Anwesenheit der üblichen Bahn- und Stadtprominenz eröffnet. Von kleineren Störungen abgesehen verlief die Inbetriebnahme den ganzen Tag über reibungslos, was wahrscheinlich viele, die es sich anders erhofft hatten, bestimmt verärgert hat.
Somit ist nunmehr ein weiterer Meilenstein beim Umbau des Bahnhofes Ostkreuz gesetzt worden, die nächsten Jahre bis zur voraussichtlichen Fertigstellung 2016 bleiben spannend. In der nachfolgenden Galerie finden Sie Ansichten aus 16 Tagen Bauaktivitäten rund um das Ostkreuz.
Autor:
Mike Straschewski
letzte Änderung:
1. Mai 2012
Veröffentlichung:
1. Mai 2012