Bild: Blankenburg


telegrafisches Kurzzeichen: BBLB, vormals Bkb
eröffnet: 1. Juni 1877
elektrischer Betrieb seit: 8. August 1924
Station liegt an der Stettiner Bahn

Pankow-Heinersdorf Karow
  Mühlenbeck-Mönchmühle

Wurden zu Beginn der 1870er Jahre von der Berlin - Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft Anträge zur Errichtung von Haltestellen in Pankow und Blankenburg noch abgelehnt, konnte man sich bald darauf aber dem notwendigen Vorortverkehr nicht mehr länger verschließen. Für die am 1. Juni 1877 eröffnete Haltestelle Blankenburg musste das Königliche Eisenbahn-Commissariat noch im selben Monat die Genehmigung zur Errichtung einer "Perronhalle" vom Minister fordern, da "bei einzelnen Zügen, besonders an den Sonntagen, die Haltestelle von 60 - 70 Personen frequentiert worden ist". [1]

Der ursprüngliche Bahnhof Blankenburg lag nicht an der jetzigen Stelle, sondern erstreckte sich südwestlich der Bahnhofstraße zu ebener Erde in Richtung Pankow. In der Bahnhofstraße befand sich in Höhe der heutigen Unterführung ein Bahnübergang. Die Station verfügte über eine Ladestraße und eine kombinierte Kopf- und Seitenrampe. Das sogenannte Umklappen von Bahnhöfen ist also keine Erfindung aus unserer Zeit. In den Jahren 1909 - 1916 wurde die Trasse zwischen Pankow und Bernau viergleisig ausgebaut und in mehreren Abschnitten bei laufendem Betrieb angehoben und als Damm geführt. Die Schwierigkeiten beim Bau beschreibt die Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen von 1916 wie folgt:

Die Ausführung hat sich durch die notwendige ungestörte Aufrechterhaltung des Betriebes äußerst langwierig gestaltet. Vorort- und Fernbahn laufen ohne Zusammenhang nebeneinander, nur in Bernau und - aus besonderen Gründen - bei Pankow-Schönhausen ist eine Gleisverbindung zwischen ihnen vorhanden. Die Vorortgleise sind in Blankenburg, Buch und Bernau mit Kehrgleisen versehen, mittels derer es möglich ist, die Zahl der Vorortzüge entsprechend dem von Berlin weg allmählich abnehmenden Verkehr abzustufen. [2]

Die betriebliche Wichtigkeit des Bahnhofs Blankenburg kann man aus einer Analyse des Königlichen Eisenbahn-Zentralamtes erkennen. Danach verkehrten 1910 täglich 62 Personen- und 18 D-Züge und auf der Vorortbahn nach Bernau werktags 54 und sonntags 62 Vorortzüge. Absolute Spitzenleistungen waren jeweils zu den Pfingstfesten zu bewältigen, wenn alle im Plan enthaltenden Bedarfszüge gefahren wurden.

Bild: Empfanggebäude 1985

Das Empfangsgebäude, entworfen von den Architekten Ernst Schwartz und Karl Cornelius, im Jahre 1985. Trotz des desolat wirkenden Aussehens verströmt das Gebäude immer noch die Eleganz vergangener Zeiten. Rechts am Bildrand ein "Fahrradaufbewahrungsautomat"

Das neue Empfangsgebäude des Bahnhofs Blankenburg wurde vom Geheimen Baurat Ernst Schwartz, dem Regierungsbaurat Karl Cornelius und ihrem Mitarbeiter Regierungsbaumeister Lücking entworfen und um 1911 errichtet. Der Ingenieur und Architekt Karl Cornelius (1. Juli 1868 - 15. Januar 1938) war für viele Bauten und Projekte in der Direktion Berlin verantwortlich. So unter anderem für den Umbau des Stettiner Bahnhofs von 1895 bis 1903. Die Neubauten der Empfangsgebäude von Pankow-Schönhausen, Karow und Buch, die sich in ihren Baustilen sehr ähnlich sind, fanden ebenfalls unter seiner Leitung statt.

Das Empfangsgebäude ist ein stattlicher zweigeschossiger verputzter Mauerwerksbau im Landhausstil, errichtet seitlich des Bahnsteigs und mit diesem durch einen ebenerdigen Tunnel und einem Treppenaufgang verbunden. Das später geringfügig veränderte Gebäude ist versehen mit einem repräsentativen Eingang in neoklassizistischen Formen, mit Doppelpfeilern über einer Freitreppe, mit schmiedeeisernen Leuchten und dorischen Halbsäulen seitlich des Tunneldurchganges. Die über zwei Geschosse reichende reich gegliederte Schalterhalle ist mit einem Wandbrunnen und fünf kleinen Puttenreliefs darüber geschmückt, sie wird abgeschlossen durch eine hölzerne Kassettendecke.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Projektierung eines Gepäckaufzuges von der Gepäckabfertigung seitlich der Treppe zum Bahnsteig. Genau an dieser Stelle wurde auch später der Fahrstuhl eingebaut. Der neue Bahnsteig erhielt ein einstieliges, nach innen geneigtes Holzdach, welches durch genietete Vollwandstützen mit Kragarmen getragen wurde. Die Ausführung der Bahnsteigaufbauten erfolgte als Eisenfachwerk mit Keramikausfachung, der gesamte Bahnsteigaufbau entstand nach einem Typenentwurf aus dem Jahre 1905 der Wannseebahn.

Dem genauen Betrachter fällt auf, dass jeder Bahnhof der Stettiner Bahn seine eigenen Farben hat, die sich in der Zugangshalle und in den (leider nicht mehr vorhandenen originalen) Bahnsteigeinbauten wiederfindet. So ist der Bahnhof Blankenburg mit violettblauen Keramikplatten verblendet, der Bahnhof Karow dagegen mit beigebraunen, und der Bahnhof Buch mit grünblauen. Beim Bau der Empfangsgebäude wurde Wert darauf gelegt, dass:

die Räume, in denen sich Beamte ständig aufhalten, d.h. denjenigen für den Fahrkartenverkauf und den für den Bahnvorstand, nicht unter die Gleise zu legen, um sie dem Geräusch der rollenden Lasten zu entziehen. Sie wurden vielmehr in einem dem Bahnkörper vorgelagerten Gebäude untergebracht, das im Obergeschoß gleichzeitig die Wohnung des Bahnvorstandes enthält. Die Lage der Gepäckabfertigung neben dem Fahrkartenraum gestattet die Bedienung beider durch denselben Beamten. [3]

Bild: altes Aufsichtsgebäude

Die Tage des alten Aufsichtsgebäude sind zum Zeitpunkt der Aufnahme schon gezählt.
Knappe zwei Jahre später wird es durch eine Glaskanzel mit Innenabfertigung ersetzt sein (April 1982).

Im übrigen weicht das Empfangsgebäude nur geringfügig von den Entwürfen der Architekten ab und wurde später mehrmals umgebaut. So entfiel der Raum zum Aushang der Fahrpläne und der Kohlenraum (heute Imbiss), der vom Gleis 1 aus über eine Kohlenschütte gefüllt wurde. Der sich am südlichen Ende des Durchgangs befindliche Zeitungsverkaufsstand wurde zugemauert, an der Wand befanden sich in den 1980er Jahren noch Fahrkartenautomaten aus ungarischer Produktion. In der Schalterhalle erkennt man über den ehemals drei Schalterfenstern der Anfang der 1990er Jahre geschlossenen Fahrkartenausgabe (heute eine Bäckerei/Bistro) einen erkerartigen Vorbau. Er enthielt in der ursprünglichen Projektierung mehrere Fenster, die vom Flur der Wohnung des Dienstvorstehers aus einen Blick in die Vorhalle ermöglichten. Auch die öffentliche Fernsprechzelle im Bahnsteigtunnel, die übrigens durch ein Oberlicht mit Tageslicht beleuchtet wurde, entfiel später zugunsten einer Toilette.

Diverse Veränderungen erfuhr zudem der Zugang zum Büro des Dienstvorstehers und zum "Zahlraum". Ursprünglich waren beide Räume, zuletzt genutzt von der Dienstregelung und der Kaderleitung der eigenständigen Dienststelle Blankenburg der Deutschen Reichsbahn, direkt durch Türen rechts und links des Brunnens mit der Schalterhalle verbunden. Betrat man den Treppenaufgang direkt von der Straße aus, so wölbte sich damals ein gläsernes Oberlicht im Eingangsbereich. Heute schmückt ein schlichtes Trapezblech mit sechs Leuchtstofflampen die Decke. Auf der linken Seite, wo heute die Stahltür zum Lagerraum des Imbisses ist, befand sich die vier Meter breite Glasfront eines Zigarrenladens.

Im Juni 1926 wurde hier auf dem Bahnhof die mechanische Fahrsperre erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese Sicherheitseinrichtung ist bis heute bei der Berliner S-Bahn in Betrieb. Nach der Grenzziehung am 13. August 1961 endeten die Züge aus Richtung Basdorf letztmalig am 8. November 1961 in Wilhelmsruh. Der Endpunkt der Züge aus Groß Schönebeck und Liebenwalde wurde für die Grenzbefestigung abgerissen. Die Züge verkehrten ab 24. Dezember 1961 nach Berlin-Blankenburg. Dazu errichtete die Reichsbahn am Verbindungsgleis 18 zur Industriebahn einen 150 Meter langen Bahnsteig. Er wurde im allgemeinen als der "Basdorfer Bahnsteig" bezeichnet, wohl auch um Verwechslungen mit dem S-Bahnsteig zu vermeiden. Die Sicherungstechnik des Bahnhofs Blankenburg baute man ebenfalls um. Es wurden je eine Teilfahrstraße von Gleis 18 über Gleis 8 nach Karow und zurück eingerichtet. Am Bahnsteig stellte man das zweiflügelige Form-Hauptsignal Q auf. War Gleis 8 besetzt, konnte man auch über Gleis 7 in beide Richtungen fahren, allerdings waren dann keine Durchfahrbegriffe an den Signalen möglich.

Bild: Gleisplan von 1962

Der Bahnsteig der Heidekrautbahn befand sich südlich der Bahnhofsstraße. Noch nicht eingezeichnet ist das Ausfahrsignal Q.
Repro aus: Bahnhofsheft Reichsbahnamt Berlin 1 vom 1. Mai 1962.

Der Basdorfer Bahnsteig mit seiner geschlämmten Kiesdecke und der Bahnsteigkante aus hölzernen Altschwellen war nur ein Provisorium und gab ständig Anlass zu Klagen. Im Bahnhofs-Gästebuch "Der Reisende hat das Wort" finden sich dazu mehrere Einträge. So schrieb u.a. am 23. Dezember 1967 Herr Thiede aus Wandlitz:

Der Weg zum Bahnsteig ist bei Regen oder Tauwetter eine Schlammwüste. Die Treppe, ist bei Schnee wenn nicht sofort gefegt wird eine Unfallquelle ersten Grades. Wann wird aus diesem Provisorium als folge der Maßnahmen vom 13. August endlich ein vernünftiger Weg und eine sichere Treppe geschaffen? Wir schreiben bald 1968 wie lange wird dem Reisenden das noch zugemutet werden? [4]

Die Antwort des Dienstvorstehers Reichsbahninspektor Steuer vom 27. Dezember 1967 lautete recht knapp:

Sie erhalten auf Ihre Eingabe eine Stellungnahme der zuständigen Dienststelle, der Bahnmeisterei Basdorf an ihre Privatanschrift. [5]

Am 26. Juli 1975 geriet der Dachstuhl der Wartehalle auf dem Basdorfer Bahnsteig in Brand. Nach diesem Feuer wurde der gesamte Bahnsteig und die Zugangstreppe erneuert, auch die geschlämmte Kiesdecke ersetzte man durch Betongehwegplatten. Ab dem 2. Dezember 1976 fuhren die Züge in Richtung Basdorf mit vom S-Bahnsteig in Karow ab. Der alte Basdorfer Bahnsteig wurde in kürzester Zeit seiner fast neuen Gehwegplatten beraubt, so manche findet man auch noch heute in den umliegenden Kleingärten. Nur ein paar Reste der Bahnsteigbeleuchtung erinnern heute noch an diese Episode.

Anfang der 1980er Jahre wurde das bestehende Weichentrapez hinter der Kehranlage zur Ausfädelung der eingleisigen Strecken nach Karow und Schönfließ umgebaut um die Geschwindigkeiten zu erhöhen. Seit dem zweigleisigen Ausbau der Strecke nach Karow im Jahr 1986 verfügt das Stellwerk Bkb neben dem Siemens & Halske Stellwerk von 1912 auch über eine Gleisbildtafel der Bauart GS II DR.

Bild: Freibahnsteig

Auf dem nördlich gelegenen Freibahnsteig befanden sich einst das vorne gelegene (und verschlossene) Toilettenhäuschen und im hinteren Gebäude eine Kuppelstelle für die Bahnstromversorgung. Diese Kuppelstellen gleichen die Spannungsverluste zwischen zwei Unterwerken aus. Die nächstgelegenen Unterwerke auf der Stettiner Bahn befinden sich in Pankow-Heinersdorf und in Karow (April 1982).

1983/84 wurden das noch vorhandene originale Kleinpflaster und die alten Bahnsteigkanten gegen Großplatten aus Beton ausgewechselt. In diesem Zusammenhang errichtete die DR auch ein neues Aufsichtsgebäude. Für die Zeit des Umbaus zog die Aufsicht in den nicht mehr genutzten Warteraum bzw. Mitropakiosk um. Mit der neuen Aufsicht verbesserten sich die Arbeitsbedingungen erheblich. Im Untergeschoß gab es nun einen Umkleideraum und ein WC. Der Bahnsteig erhielt vier doppelseitige PRAGOTRON-Zugzielanzeiger aus tschechischer Produktion.

In den Jahren 2003 - 2005 erneuerte die DB Netz AG als Betreiber der S-Bahn-Infrastruktur die Brückenbauwerke der S-Bahngleise über die Bahnhofstraße als WIB-Brücken (Walzträger in Beton). Durch zwischenzeitliche Bauzustände wurde nun in Blankenburg der Zugverkehr in Richtung Karow und Schönfließ über die in der Mitte liegenden alten Kehrgleise abgewickelt, die alten Streckengleise fungierten vorübergehend als Kehrgleise. In diesem Zusammenhang baute man auch gleich die Signalanlagen des Bahnhofes auf dem S-Bahnstellwerk Bkb um. Die Brücke über die Rhönstraße nördlich des Bahnhofes wurde ebenfalls erneuert. Die S-Bahnen fuhren für die Zeit des Umbaues über die Überbauten der damals noch stillgelegten Fernbahn.

Einen Superlativ hatte der Bahnhof vom 19. November 1961 bis zum 2. September 1984 zu bieten. Hier gab es den größten Bahnhofsabstand der Berliner S-Bahn - ganze 12,5 Kilometer lagen die Stationen Blankenburg und Schönfließ auseinander. Mit der Eröffnung des Haltepunktes Mühlenbeck-Mönchmühle am 2. September 1984 verkürzte sich der Abstand auf 9324 Meter, trotzdem blieb es beim Superlativ - bis heute.

Pankow-Heinersdorf Karow
  Mühlenbeck-Mönchmühle

Autor:
Mathias Kohla

Quellen:
[1] "Die Berlin-Stettiner-Eisenbahn"; Regling / Grusenick / Morlock; transpress Verlag;1996
[2] "Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltunge"; Jahrgang 1916, Nr. 89; Verfasser: Schneider
[3] "Archiv für Eisenbahnwesen"; Jahrgang 1916; Verfasser: Roloff
[4] "Der Reisende hat das Wort"; Bahnhof Blankenburg; Sammlung M. Kohla
[5] ebenda

weitere Quellen und Buchtipps:
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998

weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps
Das Stellwerk "Bkb" auf der Webseite S-Bahn-Fahrdienstleiter

Veröffentlichung:
6. März 2010 (neue Version), 26. Oktober 2008 (vorherige Version)


letzte Änderung des Textes: 31. März 2013

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