telegrafisches Kurzzeichen: | BBU, vormals Bu |
eröffnet: | 26. Juni 1879 |
elektrischer Betrieb seit: | 8. August 1924 |
Station liegt an der | Stettiner Bahn |
Karow | Röntgental |
37 Jahre lang fuhren die Züge der Stettiner Bahn an Buch vorbei. Erst am 26. Juni 1879 erhielt der Ort einen Haltepunkt; wie alle anderen damaligen vier Betriebsstellen der Strecke natürlich noch zu ebener Erde. Wo sich die 1912 errichtete Eisenbahnbrücke über die heutige Wiltbergstraße spannt, wurde der Verkehr mit einer Schranke gesichert. Prominentester Besuch vor der Jahrhundertwende in Buch dürfte Kaiser Wilhelm I. gewesen sein. Den Besuch des Kaisers beschreibt Pfarrer Martin Pfannschmidt:
Am 7. und 8. September 1885 fanden in der Umgegend von Buch und Karow große Truppenübungen statt, die unsere Bevölkerung von weit her in lebhafte Bewegung und freudige Erregung versetzten. Jung und alt war auf den Beinen, ließ Arbeit Arbeit sein. Besonders fesselte das große Biwak, das für die Nacht zwischen Buch und Karow aufgeschlagen war. Ihren Höhepunkt erreichte die Begeisterung, als am 7. September der altehrwürdige, 88 jährige Kaiser selbst zur Truppenbesichtigung erschien. Durch die Schulkinder der weiteren Umgegend unter Führung ihrer Lehrer wurde der Kaiser am Bucher Bahnhof sowie von Vertretern des Gutes, der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinden empfangen. [1]
Mit dem Bau der Krankenanstalten ab 1900 auf dem Gelände des ehemaligen Rittergutes in Buch veränderte der Ort sein Gesicht. Am 27. April 1920 wurde er, bisher zum Kreis Niederbarnim gehörend, zu Berlin eingemeindet. Bis 1929 wurden nach den Plänen des Berliner Stadtbaurates Ludwig Hoffmann neue Hospitäler und Anstalten gebaut. So entstand hier die größte und auch modernste Krankenhausstadt Europas mit 5000 Betten. Vom Bahnhof aus wurde zur Versorgung aller Standorte der Krankenhäuser ein Anschlußgleis zum 1900 bis 1906 errichteten Werk Buch verlegt. Als zum Ende des letzten Krieges in Berlin die Versorgung zusammenbrach, konnte sie in Buch durchgehend aufrecht erhalten werden [2]. Über ein 2571 Meter langes Anschlußgleis lieferte die Reichsbahn neben vielen anderen Gütern jährlich bis zu 10.000 Tonnen Steinkohle an.
Blick aus dem Stellwerk Bwt: Während sich die Dampflok vor ihrem Güterzug gen Bernau ins Zeug legt, wartet ein S-Bahnzug auf seinen Abfahrauftrag in Richtung Berlin. Die Aufsicht steht dementsprechend auch schon bereit (1973).
Die Architekten Schwartz, Cornelius und Lücking waren auch in Buch für das Ensemble aus Stellwerk, Brücke und dem 1914 eröffneten Empfangsgebäude nach der Hochlegung der Strecke verantwortlich. Im gleichen Jahr wurde das mechanische Stellwerk "Bwt" für den Vorortverkehr auf dem nördlichen Widerlager der Straßenunterführung in Betrieb genommen. Es war als mechanisches Stellwerk, ab Ende der 1970er mit Lichtsignalen ausgerüstet, bis zum Jahr 1989 in Betrieb. Seit dem wird der Verkehr vom elektromechanischen Stellwerk "Bu" aus gesteuert. Ebenfalls gingen nach der Hochlegung der Trasse das schon erwähnte Stellwerk "Bu" und das Wärterstellwerk "Bst", das sich südöstlich der Ladestraße befand, in Betrieb.
Zurück in die Geschichte: Im Jahre 1921 entschloß sich die damalige Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft, die Vorortstrecke der Stettiner Bahn mit 800 Volt Gleichstrom bis 1923 zu elektrifizieren um somit den elektrischen Zugverkehr aufnehmen zu können. Die Bauausführungen verzögerten sich, so daß der elektrische Betrieb erst am 8. August 1924 eingeführt werden konnte - und diesmal war Buch in dieser Geburtsstunde der späteren Berliner S-Bahn von Anfang an mit dabei. Im Jahre 1945 mußte der S-Bahnverkehr immer öfters aufgrund der Kriegseinwirkungen eingestellt werden, bis er im April endgültig zum Erliegen kam. Wenige Wochen später, ab dem 11. Juni 1945 fuhren schon wieder die ersten mit einer Dampflok bespannten Züge, den elektrischen Betrieb gab es wieder ab dem 13. August 1945. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges bekamen die Fahrgäste noch jahrzehntelang zu spüren: Aufgrund der Reparationsleistungen wurde das zweite Gleis der S-Bahn zwischen Pankow und Bernau abgebaut.
Die Stromversorgung der Strecke war jahrzehntelang nach dem Zweiten Weltkrieg nicht die stabilste. Altgediente Eisenbahner erinnern sich an die jahrelangen Stromschwankungen im Streckenabschnitt Buch - Bernau. Da dadurch nie mit den Vollzügen strommäßig voll angefahren werden konnte, entwickelte sich in Buch folgendes Ritual: Das Personal des Zuges in Richtung Bernau schaltete seinen ersten Wagen ab, d.h. mittels eines Schalters wurde der Stromfluß zu den Fahrmotoren unterbrochen. Wenn der Zug aus Bernau eintraf, ging man hinüber und schaltete dessen letzten Wagen ein. Das Personal dieses Zuges machte das gleiche bei seinem ersten Wagen und schaltete beim Zug auf der anderen Bahnsteigseite (dem nach Bernau, wir erinnern uns ...) den letzten Wagen aus. So fuhr man zwischen Buch und Bernau statt mit vier nur mit zwei arbeitenden Wagen [2].
Blick vom Bahnsteiggleis 2 in Richtung Karow. Am südlichen Bahnsteigende befand sich diese "Versehrtenrampe", auf der Rollstuhlfahrer in Begleitung eines Eisenbahners den Bahnhof erreichen bzw. verlassen konnten. Im Hintergrund links die Wohn- und Gerätewagen des Bauzuges 102. (27. Mai 1984)
Im Herbst 1975 kam es in der Vorhalle des Empfangsgebäudes zu einem Brand, der die komplette Beleuchtungsanlage zerstörte. Im Jahre 1985 wurde ein neues Aufsichtsgebäude errichtet, ein Jahr später begann die Rekonstruktion des Bahnsteiges. Neben einer Verlängerung des Bahnsteigdaches (die "Nahtstelle" zwischen alt und neu ist auch heute noch gut zu erkennen) erhielt der Bahnsteig neue Richtungsanzeiger, neue Beton-Bahnsteigkanten samt Plattenbelag und einen neuen südlichen Abgang mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer. Dieser wurde erforderlich, weil der alte Übergang über die Gleise der S- und Fernbahn nicht mehr den Anforderungen entsprach. Bis dahin mußte die Aufsicht die Rollstuhlfahrer nach Sperrung der Gleise über den Überweg begleiten.
Ende der 1980er Jahre baute die Reichsbahn zur Verbesserung der Fahrplanstabilität das zweite Gleis wieder auf. Seit dem 2. Oktober 1989 ist dieses wieder in Betrieb - bis kurz vor den Bahnhof Buch. Das Streckengleis Buch - Karow begann erst an dem noch heute vorhandenen Weichentrapez, das damals jedoch noch keines war. Anfang Dezember 1991 wurden die beiden noch benötigten Weichen eingebaut, so dass seit dem 18. Dezember 1991 ein echter durchgehender zweigleisiger Betrieb aufgenommen werden konnte [3].
Im Sommer 1996 wurde das nördlich der Station gelegene Kehrgleis 17 eingezäunt, um die Vandalismusschäden durch Graffiti an den über Nacht abgestellten Zügen einzudämmen. Die Kehre in Buch war somit die erste eingezäunte Kehranlage der Berliner S-Bahn.
Für die Fahrgäste aus der unmittelbaren Umgebung wurden nach und nach neue Fahrradabstellplätze geschaffen. Auch viele Autofahrer aus dem Brandenburger Umland nutzen den noch in der Tarifzone B liegenden Bahnhof Buch, um von hier aus mit der S-Bahn in die Stadt zu fahren. Seit 2009 gibt es einen Imbiss auf dem Bahnsteig. Was früher selbstverständlich war, muß der Chronist heutzutage als Besonderheit herausstreichen: Auf dem Bahnhof befindet sich noch eine Aufsicht!
Karow | Röntgental |
Autor:
Mathias Kohla
Quellen und Buchtipps:
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998
[1] Martin Pfannschmidt "Geschichte der Berliner Vororte Buch und Karow", Berlin 1927
[2] Zeitzeugenberichte
[3] Kurzmeldung der Berliner Verkehrsblätter, Heft 3/1992
weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps
Das Stellwerk "Bu" auf der Webseite S-Bahn-Fahrdienstleiter
Veröffentlichung:
27. Dezember 2010 (neue Version), 26. Oktober 2008 (vorherige Version)
letzte Änderung des Textes: 27. Dezember 2010