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Die Aufarbeitung nach dem zweiten Weltkrieg
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ruhte auch der S-Bahnverkehr. Knapp ein Monat nach Kriegsende, am 6. Juni 1945, fuhren auf der Wannseebahn zwischen Schöneberg und Zehlendorf wieder die ersten Züge. Am 11. August 1945 übergab die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) in ihrem Befehl Nr.8 den Eisenbahnbetrieb an die deutschen Eisenbahner zum 1. September 1945.
Die Ereignisse des zweiten Weltkrieges zeigten deutliche Spuren, auch bei der Berliner S-Bahn. Neben zerstörten Bahnstrecken und Bahnhöfen betraf dies auch die Fahrzeuge.
Kaum zu glauben: der kriegszerstörte ET 165 476 wurde nach dem Kriegsende wieder aufgebaut. Er verkehrte noch jahrelang als 275 225, bevor er nach seiner Modernisierung als 276 137 seinen Dienst versah. Als 476 302 wurde er im September 1999 ausgemustert, bevor er im Dezember 1999 verschrottet wurde (undatiert, keine Ortsangabe).
Um nun schnellstmöglich die Viertelzüge in einem verkehrssicheren Zustand zu versetzen, griff man auf Provisorien zurück. Dabei verzichtete man grundsätzlich auf kosmetische Eingriffe an den Wagenkästen und im Fahrgastraum. Löcher im Fußboden wurden mit Holzlatten zugenagelt, weil kein Linoleum zur Ausbesserung vorhanden war. Fehlende Fenster wurden durch Bleche mit Löchern (Bullaugen) versehen. In einzelnen Wagen gab es nur Sitze in Längsrichtung, bei anderen wiederum fehlte ein Teil der Sitze. Es gab auch Fahrzeuge, die überhaupt keine Sitzmöglichkeiten und Heizkörper besaßen, so daß diese dann als Traglastenwagen eingestellt werden mussten. Ausgeleuchtet waren die Fahrzeuge, wenn überhaupt, nur mit zwei Lichtstromkreisen, da die noch funktionierenden Einrichtungen zum Ausrüsten der anderen Wagen verwendet wurden. Fehlende Gepäckablagen wurden nicht ersetzt.
All diese Maßnahmen konnten in relativ kurzer Zeit wieder rückgängig gemacht werden. Anders sah es bei der Vertäfelung der Fahrgasträume aus. Etwa alle zwei bis drei Jahre wurde die Vertäfelung vollständig entfernt, abgeschliffen, farblos lackiert und wieder eingebaut. Da das Furnier bei jedem Anschliff dünner wurde, hätte es ggf. ersetzt werden müssen. An einen Ersatz des Furniers war aber in der Nachkriegszeit nicht zu denken. So wurden nur die stabilen Holzleisten der Tür- und Fensterumrahmung wie üblich behandelt, die nicht ausgebaute Vertäfelung dann mit Kunstharzlack überstrichen. Diese Maßnahme wurde erst mit der Generalreparatur Ende 1954 beendet.
Ein weiteres Problem bestand in der Zusammenstellung der Viertelzüge, wenn Einzelwagen nicht mehr zur Verfügung standen. In den ersten Wochen nach Kriegsende kam es mangels einsatzfähigen Wagen zu einigen kuriosen Viertelzügen, die sich teilweise über mehrere Jahre behaupteten. Am längsten dauerte dieser Zustand bei dem Viertelzug ET 165 488 und EB 165 809 an. Dieser Viertelzug, bestehend aus einem Triebwagen der Bauart Stadtbahn und einem Beiwagen der Bauart Wannseebahn, blieb bis zu seiner Ausmusterung am 16. Januar 1998 zusammen.
Zerstörter Führerstand und Dienstabteil eines unbekannt gebliebenen Triebwagens (undatiert, keine Ortsangabe).
Rückkehrer aus der Sowjetunion im Jahre 1952
Von den im Jahre 1946 an die Sowjetunion abgegebenen Viertelzügen kehrten im Jahre 1952 76 Viertelzüge in neun Lieferungen zurück. Darunter befanden sich 59 Viertelzüge der Baureihe 165.0 und zwei Viertelzüge der Baureihe 165.8. Schon vor deren Rückkehr war der DR klar, daß diese Fahrzeuge nicht sofort dem Betrieb zur Verfügung standen. In der Sowjetunion wurden zahlreiche Änderungen an den Fahrzeugen vorgenommen, die nun erst wieder rückgängig gemacht werden mussten:
Von seitens der DR bestand ein großes Interesse daran, diese Viertelzüge schnellstmöglich wieder dem Betrieb zur Verfügung zu stellen. Zum Zeitpunkt der Rückkehr lief neben den regulären Untersuchungen an S- und U-Bahn-Fahrzeugen bereits das Programm zur Generalreparatur im Raw Schöneweide an. Aufgrund der Fülle an Arbeiten entschloß sich die DR, vier weitere Ausbesserungswerke mit der Anpassung der Viertelzüge an Berliner Verhältnisse zu beauftragen. Dies waren die Werke in Delitzsch, Dessau, Leipzig und Wittenberge. Insgesamt wurden 20 Viertelzüge an diese Werke verteilt, die bis April 1953 an das Raw Schöneweide zurückgeliefert wurden. Nach Ausführung der Restarbeiten (Anbau von Stromabnehmern und Einbau der Fahrsperre und Prüfung) wurden diese dann dem Betrieb übergeben.
Die restlichen Viertelzüge wurden im Raw Schöneweide selbst aufgearbeitet. Der erste Viertelzug, bestehend aus dem ET 165 490 und EB 165 122, wurde nach knapp einem Monat bereits am 17. Juli 1952 aus dem RAW entlassen. Die letzten Viertelzüge übergab man am 30. Dezember 1953 dem Betriebeinsatz. An besonderen Merkmalen gegenüber den anderen S-Bahn-Wagen konnten "Kenner" der Züge sie leicht identifizieren:
In den anderen Wagen überstrich man die hölzerne Vertäfelung mit Kunstharzlack. Ein weiteres Merkmal der Züge aus der Sowjetunion waren die mit einer hölzernen Rosette verkleideten Lampenschirme für die Notbeleuchtung. Diese Wagen hatten größere Notleuchten erhalten, die in Berlin wieder auf die ursprüngliche Größe zurückgeändert wurden. Um nicht die weitestgehend intakte Decke auswechseln zu müssen, baute man diese Rosette ein, in der die kleineren Lampenkörper eingelassen waren.
Die Generalreparatur
Mit Beginn der 1950er Jahre waren in Berlin die ältesten Fahrzeuge 20 bis 25 Jahre im Einsatz, ohne eine grundlegende Instandsetzung zu erhalten. Dazu zählte z.B. die Untersuchung der Wagenkästen auf Korrosionserscheinungen oder der Austausch der Leitungen, um Isolationsschäden zu vermeiden.
Aus wirtschaftlicher Sicht waren diese Viertelzüge mit einem Alter von 25 Jahren am Ende der Nutzungszeit angekommen. Theoretisch hätten sie also durch neue Fahrzeuge abgelöst werden müssen - dies war jedoch zu diesem Zeitpunkt undenkbar. Um eine längere Lebensdauer zu gewährleisten, wurde das Raw Schöneweide beauftragt, nach den vorliegenden Analysen den Umfang einer Grundinstandsetzung festzulegen. Folgende Punkte sollten dabei berücksichtigt werden:
Zu diesem Zweck war vorgesehen, ab 1952 eine neue Instandhaltungsstufe T5 einzuführen, die als Generalreparatur bezeichnet wurde. Bisher gab es nur die Instandhaltungsstufen T2, T3 und T4 mit unterschiedlichem Arbeitsaufwand. Die Realität der Nachkriegszeit machte diesen Plan jedoch sehr schnell zunichte. Die Kabelindustrie und die holzliefernden Betriebe der DDR konnten dem hohen Bedarf des Raw Schöneweide nicht entsprechen. Somit mussten Wagen, die im Rahmen der Instandhaltungsstufe T5 ausgeliefert wurden, noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt erneut als T5 behandelt werden.
Die Erfahrungen der ersten Monate zeigten deutlich, daß die Ermittlung wagenbaulicher Mängel nicht optimal war. Bisher hatte man mit Spachtel und Drahtbürste den gröbsten Schmutz beseitigt, was aber bei den teilweise mehrfach aufgetragenen Lackschichten nicht ausreichte, um die metallische Struktur der Wagen anzusehen. Eine Alternative war das Sandstrahlverfahren, was aber in Ermangelung einer Sandstrahlerei nicht möglich war. Erst später ist eine solche Anlage im Lokschuppen der Werklok an der östlichen Umgrenzung des Werkgeländes eingerichtet worden.
Das Programm der Generalreparatur begann mit dem Viertelzug ET 165 050 und EB 165 581, der am 1. Juli 1952 ausgeliefert wurde. Anfangs hatten die Wagen, was die Fahrgasträume betraf, kein einheitliches Erscheinungsbild. So wurde die hölzerne Vertäfelung, wenn sich diese in einem ordentlichen Zustand befand, nicht erneuert. Ebenso wurde auch die Trennwand im Beiwagen nach der Aufhebung der Wagenklassen wie auch der nicht mehr genutzte Führerstand der ehemaligen Steuerwagen nicht entfernt. Diese Wagen wurden in den 1960er Jahren einer erneuten T5 unterzogen.
Eine weitgehend einheitliche Fahrgastraumgestaltung wurde erst möglich, als sich die Materialversorgung an das Raw Schöneweide im Jahre 1954 stabilisierte. Die Merkmale der Instandhaltungsstufe T5 waren nun:
Die nach den Plänen der Firma Waggonbau Bautzen durchgeführte Veränderung der Spitzenlichter, die Versetzung des Zugangs zum Führerstand auf die linke Seite und die Verlegung der Schränke an das Kurzkupplungsende wurden nicht realisiert. Man beließ die Lampenanordnung in dem Auslieferungszustand, baute aber die Lampe für die Falschfahrt aus. Auch die in Bautzen umgebauten Triebwagen wurden wieder in ihren Ursprungszustand zurückversetzt.
Versuchsweise wurde im Dezember 1955 in denen in Bautzen aufgearbeiteten Viertelzügen 165 437 und 165 634 komplett neue, grüne Sitzpolster eingebaut. Ab April 1957 stattete man weitere Züge mit diesen Polstern aus. Nun versah man den kleinen Fahrgastraum (Dienstabteil) weiterhin mit Holzsitzen, da man wegen der Nutzung als Traglastenabteil Schäden an den Polstern vermeiden wollte.
Die Aufarbeitung von beschädigten Wagen in Bautzen
Der Waggonbau Bautzen war ab 1928 bei allen Lieferungen von S-Bahnwagen beteiligt. Somit lagen hier entsprechend genügend Kenntnisse und Erfahrungen über die Konstruktion und Fertigung von Fahrzeugen vor. Schon vor Kriegsende wurden die ersten Wagen zur wagenbaulichen Wiederherstellung in das Werk nach Bautzen überführt, da das Raw Schöneweide mit der Aufarbeitung kriegszerstörter Wagen völlig überfordert war.
Ein Dreiviertelzug der BR 165 fährt auf der Ringbahn von Witzleben nach Westend.
Ab Mitte der 1950er Jahre war der Fahrzeugbestand wieder frei von Kriegsprovisorien (1956).
Mit dem bestehenden Wagenpark an betriebsfähigen Fahrzeugen war an einem der verkehrlichen Anforderungen gerecht werdender Zugbetrieb nicht möglich. Nicht nur die wegen irreparabler Schäden ausgemusterten Wagen rissen große Lücken in den Fahrzeugpark, sondern auch die Reparationsleistungen an die Sowjetunion und die in Polen verbliebenen Fahrzeuge. Erst im Jahre 1949 wurden exakte Richtlinien für die Arbeit der Ausmusterungskommission erlassen, die nun genauere Kriterien für die Ausmusterung von Wagen vorgaben. In enger Zusammenarbeit mit den Bautzener Ingenieuren wurden die bereits ausgemusterten Wagen einer erneuten Begutachtung unterzogen und bei mehreren Viertelzügen und einzelnen Wagen der Ausmusterungsbescheid widerrufen. Diese Maßnahme führte zwar zu keiner kurzfristigen Gesundung des Wagenparks, aber zu dessen langfristiger Stabilisierung.
Ab Mitte 1953 begann in Bautzen die Aufarbeitung der schwer beschädigten bzw. ausgebrannten Wagen. Folgende Punkte prägten im Nachhinein die dort durchgeführte Aufarbeitung:
Wie auch bei der Generalreparatur im Raw Schöneweide wurden die Führerstände der ehemaligen Steuerwagen und die Trennwände zwischen den Abteilen der 2. und 3. Klasse ausgebaut. Alle Züge erhielten eine neue Innenbeleuchtung aus Neon-Leuchtstofflampen. Die Auslieferung der Wagen an das Raw Schöneweide erfolgte recht zügig, diese wurden dort erst komplettiert. Im Jahre 1954 fanden diese Arbeiten ihren Abschluß.
Jedoch nicht alle in Bautzen aufgearbeiteten Fahrzeuge konnten aufgrund des stetigen Ersatzteilmangels im Raw Schöneweide komplettiert werden. Um diese Wagen nicht abstellen zu müssen und dem Fahrzeugmangel entgegenzuwirken, wurden diese Viertelzüge funktional soweit hergerichtet, daß sie in der Mitte von Zugverbänden eingekuppelt werden konnten. Als Lastensegler gingen sie in die S-Bahn-Geschichte ein. Bis Ende 1954 erhielten sie wieder ihre vollständige Ausrüstung.
Die erste Modernisierung der Stadtbahner
Im Jahre 1964 begann das Raw Schöneweide den Umbau auf den Einmannbetrieb auch bei der Baureihe 165. Neben einigen technischen Veränderungen wurde bei diesem Umbau auch eine Modernisierung der Wagenkästen durchgeführt. Auch die Front des Wagenkastens erfuhr eine Veränderung: das einzelne Spitzenlicht und die Oberwagenlaternen wurden entfernt und durch ein jeweils links und rechts angebrachtes Lampenpaar ersetzt. Die unteren, großen Lampen waren als Scheinwerfer ausgelegt, die oberen und kleineren waren mit einer roten Scheibe versehen und dienten so als Zugschluß. Auch die Innenbeleuchtung wurde modernisiert: bestehende Gleichstrom-Leuchtstofflampen wurden durch 220 Volt Wechselstromlampen getauscht und manch alte Graetzlampe durch Ahrensdorfer Leuchten ersetzt. Der nun benötigte Wechselstrom wurde durch rotierende Umformer unter den Beiwagen erzeugt, welche sich durch ein summendes Geräusch bemerkbar machten.
Fahrzeuge die nicht umgebaut wurden, erhielten zwar die elektrische Ausrüstung in Form der benötigten Steuerleitungen, konnten aber nur mit einem Begleiter an der Spitze eines Zuges fahren. Da wegen Personalmangels ein Beimann nicht immer gestellt werden konnte, mussten somit diese Fahrzeuge in den Verband eines Zuges eingekuppelt - eingepasst - werden. Dadurch erhielten sie die Bezeichnung Paßviertel.
Der Umbau von S-Bahn- zu U-Bahnwagen vom Typ EIII/1-5
Auch die Berliner U-Bahn musste nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges U-Bahnwagen als Reparationsleistungen in die damalige Sowjetunion schicken. Auf der Großprofil-U-Bahnlinie E (heutige U5) bestand nun ein akuter Fahrzeugmangel. Konnte man sich anfangs noch mit umgebauten Kleinprofilwagen helfen, wurde alsbald der Wunsch nach einer neuen Großprofil-Bauart gehegt. 1955/56 baute die Industrie einen zweiteiligen Musterzug der neuen Bauart E. Der Probebetrieb verlief jedoch nicht zufriedenstellend, so daß der Zug 1961 abgestellt wurde. Damit bestand das Fahrzeugproblem weiterhin.
Blieb ein Einzelgänger: die U-Bahnbauart EIII.
Das Bild wurde uns freundlicherweise von www.berliner-verkehrsseiten.de zur Verfügung gestellt.
Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 und der sich daraus in Westberlin entwickelnde S-Bahnboykott verschafften der Deutschen Reichsbahn einen beträchtlichen Überhang von S-Bahnfahrzeugen. Um den Fahrzeugmangel bei der Ostberliner U-Bahn endlich beheben zu können, wurden ab 1962 Züge der Bauarten Oranienburg und Bernau umgebaut. Da die Berliner U-Bahn ein anderes (schmaleres) Lichtraumprofil als die S-Bahn hat, mussten die Wagenkästen neu gebaut werden. Von den S-Bahnzügen wurden nur Drehgestelle, Fahrmotore und elektrische Einrichtungen wie Schaltwerk, Fahrschalter usw. verwendet.
Der Umbau von nicht mehr benötigten S-Bahnwagen in die U-Bahnbauart EIII erfolgte dann in weiteren Serien bis 1989. Auf eine eingehende Beschreibung soll hier verzichtet werden. Eine Beschreibung dieses U-Bahntyps finden Sie hier.
Umzeichnung auf EDV-gerechte Fahrzeugnummern
1970 wurden alle Fahrzeuge auf EDV-gerechte Nummern umgezeichnet. Dabei schaffte die DR die Unterscheidung zwischen Trieb-, Bei- oder Steuerwagen durch Buchstaben (ET, EB und ES) ab. Die Fahrzeuge der Baureihe 165 erhielten die neue Baureihenbezeichnung 275. Triebwagen wurden nun grundsätzlich durch ungerade, die Bei- und Steuerwagen durch gerade Ordnungsnummern gekennzeichnet. Bei der Einführung dieser EDV-Nummern wurde, um eine Verwechslung zu vermeiden, eine Kontrollziffer eingeführt, die mit einem waagerechten Strich abgetrennt der Wagennummer folgt.
Ein Halbzug der BR 275 mit 275 059-4 an der Spitze steht abfahrbereit im Bahnhof Staaken (1974).
Bei der Vergabe der neuen Ordnungsnummern wurde die BR 275 in ihre technischen Unterschiede aufgeteilt:
Im Jahre 1978 begann die Deutsche Reichsbahn mit einer erneuten Modernisierung der BR 275.
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