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Die Geschehnisse nach dem zweiten Weltkrieg
Wie bei den anderen Bauarten der Berliner S-Bahn hat der Zweite Weltkrieg auch bei der Bauart 1925 seine Spuren hinterlassen. Von den gebauten 50 Viertelzügen waren 25 Trieb- und 23 Beiwagen so stark beschädigt, dass diese ausgemustert wurden. Bei zwei Viertelzügen ist der Verbleib nicht bekannt.
Somit betrug der Bestand dieser Bauart nur noch 23 Trieb- und 25 Beiwagen, was ungefähr der Hälfte des Vorkriegsbestandes entsprach. Schadhafte Fahrzeuge, die nur mit größerem Aufwand für den Fahrgastverkehr hergerichtet werden konnten, wurden abgestellt bzw. einer anderen Nutzung, sofern möglich, zugeführt. Einzelne Beiwagen wurden z.B. für den Transport von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt.
Ein Dreiviertelzug zwischen den Bahnhöfen Westend und Witzleben (1956).
Zu einem Einsatz der besonderen Art kam es für die Beiwagen EB 168 029 und EB 168 043. Beide zusammen wurden nach 1945 über mehrere Monate als ein Viertelzug eingesetzt. Wegen der fehlenden Führerstände konnten dieser nur in der Mitte der Züge mitlaufen. Um diesen Viertelzug alleine abstellen zu können, wurde im EB 168 029 eine Handbremse eingebaut. Üblicherweise hatten Beiwagen keine Handbremsen, da diese fest mit der Triebwagen verbunden waren, die über eine Handbremse verfügten.
Der Umbau in Gepäckzüge, weitere Umbauten und Umzeichnungen
Ursprünglich sind die Fahrzeuge der Baureihe 168 für den Fahrgastverkehr gebaut worden. Acht Wagen wurden jedoch 1947/1950 für den innerbetrieblichen Transport von Gütern und Materialien zwischen den Werkstätten der S-Bahn hergerichtet. Der Vorteil dieses Umbaus lag darin, dass diese Fahrzeuge weiter so instand gehalten werden konnten wie bisher auch.
Der erste Gepäckzug entstand aus den Viertelzügen ET/EB 168 016 und ET/EB 168 030. Zu diesem Zweck entfernte man vollständig die Inneneinrichtung. Fenster und Türen wurden entweder entfernt oder man baute zweckgebundene klappbare Rampen ein. Beim zweiten Gepäckzug verfuhr man bei den Triebwagen (ET 168 029 und 043) analog dem ersten Zug. Jedoch bei dessen Beiwagen (EB 168 033 und 035) ging man noch einen Schritt weiter: man entfernte den Wagenkasten bis zur Fensterunterkante. Die benötigte Stabilität der Wagen erreichte man jetzt mit dem Einbau von Streben im Untergestell. Somit wurden aus den ehemaligen Fahrgasträumen nun offene Güterwagen.
Die Züge wurden wie folgt in Dienst gestellt:
Infolge von Ausmusterungen bzw. Umbauten wurde aus den verbleibenden Einzelwagen folgende Viertelzüge neu zusammengestellt:
Für die Baureihe 168 bestand kein weiterer Bedarf an Beiwagen mehr, im Gegensatz zur Baureihe 165. Zwei überzählige Beiwagen, EB 168 043 und EB 168 046, wurden Anfang der 1950er Jahre wegen wagenbaulicher Mängel zum Waggonbau Bautzen zum Zwecke der Instandsetzung und des Umbaues überführt. Man passte sie den Beiwagen der Baureihe 165 an und kuppelte sie an die entsprechenden Triebwagen. So wurde der Beiwagen EB 168 043 am 7. Juli 1954 in EB 165 228 (II) und der EB 168 046 am 18. Juni 1954 in den EB 165 151 (II) umgezeichnet. Die originalen Beiwagen EB 165 151 (I) und EB 165 228 (I) waren bereits im Jahre 1950 ausgemustert worden.
Der Gepäckzug des S-Bw Nordbahnhof 278 109-4 steht auf dem Gelände des S-Bw Wannsee (1974).
Die letzte Sanierung
Anfang der 1950er Jahre begannen Überlegungen, die Fahrzeuge der Baureihe 168 zu sanieren. Durch Anrostungen waren die Wagenkästen und die Isolation der elektrischen Leitungen brüchig geworden. Dadurch kann es immer häufiger zu Kurzschlüssen.
Die zahlreichen Provisorien in der Beleuchtung, dem Fußboden mit Holzlatten und der, nach Abschaffung der 2. Klasse, überflüssig gewordenen Trennwand zwischen der 2. und 3. Klasse machten die Wagen nicht gerade attraktiv. Mitte der 1950er Jahre begann die Sanierung nach Befund. Das bedeutet: es sind nicht an allen Zügen die gleichen Sanierungsarbeiten durchgeführt worden.
Bei der Aufarbeitung mit größerem Aufwand wurden einige Züge der Baureihe 168 mit Fahrmotoren vom Typ GBM 700 und Zugsteuerungsanlagen aus ausgemusterten Zügen der Baureihe 165 ausgerüstet. Auch die Steuerstromkupplung wurde dem Stadtbahner angepasst. Damit war es möglich geworden, Viertelzüge der Baureihe 168 mit Zügen der Baureihe 165 im Verband fahren zu lassen, was auch praktiziert wurde. Die in den letzten Jahren nur noch im S-Bw Papestraße beheimateten Züge verkehrten als Dreiviertelzug (6 Wagen) auf dem Vollring. Diese Wagen waren bei den Triebwagenführern nicht gerade beliebt. Deshalb wurden sie überwiegend in die Mitte zwischen zwei Viertelzügen der Baureihe 165 gekuppelt.
Während der Sanierung und der Anpassung an die Baureihe 165 entfernte man auch die Trennwände zwischen 2. und 3. Klasse. Später wurden auch die Führerstände entfernt und der Platz dem Fahrgastraum zugeschlagen. So besaßen die Fahrzeuge bis zur ihrer Ausmusterung 1962 verschiedene Ausstattungen:
Ausstattung der EB | Wagennummern der EB |
mit Trennwand und mit ehemaligen Führerstand | 019, 040, 044 |
ohne Trennwand und mit ehemaligen Führerstand | 001, 007/012, 017, 020, 021, 024, 046/042 |
ohne Trennwand und ohne ehemaligen Führerstand | 009, 018, 022, 028, 031, 036, 038, 042/029, 047 |
Tabelle über die verschiedenen Ausstattungen im Jahre 1962 (entnommen aus [1]).
Die mangelnde Beleuchtung in den Fahrgasträumen wurde ebenfalls Anfang der 1950er Jahre verändert. So wurden neue Leuchtstofflampen installiert, lediglich der Viertelzug ET/EB 168 024 behielt bis zu seiner Ausmusterung die Glühlampenbeleuchtung. Bei diesem Zug waren in der Wagenmitte zehn Lampenkörper (sonst waren je Wagen 20 Lampenkörper) vorhanden. Das Licht in dem Zug war so dürftig, dass die Reisenden Mühe hatten, die Zeitung zu lesen.
Während der Sanierung wurden auch die Trittstufen an der Stirnseite der Triebwagen entfernt, die dem Triebwagenführer zum Auswechseln von defekten Glühlampen der Zugschlussbeleuchtung dienten.
Das Ende der Baureihe 168 im Fahrgasteinsatz
Der nach dem Bau der Berliner Mauer einsetzende S-Bahnboykott ließ die Fahrgastzahlen der S-Bahn in Westberlin sinken. Die DR passte daraufhin ihre Zugbildungen an - statt Vollzüge erfolgte nun der Einsatz von Dreiviertel- und Halbzügen. Dadurch wurde auch die Baureihe 168 überflüssig. Vereinzelt verkehrte sie noch bis Anfang 1962, danach wurde sie vollständig abgestellt. Da auf der U-Bahn Linie E (heutige U-Bahnlinie 5) der Ostberliner U-Bahn Wagen fuhren, die eigentlich auf die U-Bahnlinie A gehörten und Bretter an den Einstiegen hatten, kam die Idee auf, die abgestellten Fahrzeuge zu U-Bahn-Wagen umzubauen. Aus der Idee wurde Wirklichkeit. Alle 19 Viertelzüge der Baureihe 168 wurden ab 1962 in den U-Bahn-Typ EIII umgebaut. Der erste Zug verließ im Dezember 1962 das Raw Schöneweide.
Die letzten Fahrzeuge der Baureihe 168
Nach der Ausmusterung der 19 Viertelzüge der Baureihe 168 waren nur noch die beiden Gepäckzüge vorhanden. Den aus dem zweiten Gepäckzug stammenden ET 168 043 baute das Raw Schöneweide Anfang der 1960er Jahre in einen Arbeitstriebwagen um. Dieser erhielt beidseitig einen Führerstand und eine stabile Pufferbohle, die die Scharfenbergkupplung und die seitlichen Puffer aufnahm. Am 31. März 1963 erfolgte unter gleicher Nummer die Indienststellung. Unter dem Spitznamen "Jumbo" verkehrte der Triebwagen von nun an im Berliner-S-Bahnetz.
Die beiden offenen Güterwagen des Güterzuges haben während ihres Einsatzes stark gelitten. Da die Versteifung des Untergestells nicht stabil genug war, kam es bei der Beladung zu einem bedenklichen "Durchhängen" der Längsträger. Da wegen der Materialermüdung eine Reparatur nicht in Frage kam, wurden diese ausgemustert.
Der nun übrig gebliebene ET 168 029 sollte jedoch eine weitere Verwendung finden. Dazu baute das Raw die ausgemusterten Beiwagen EB 169 006a und EB 169 017c in offene Güterwagen um. Um im Streckennetz der Berliner S-Bahn fahren zu können, musste aber an diesen Zug ein weiterer Viertelzug angekuppelt werden. Anfang 1973 wurde dieser Zug ausgemustert, die offenen Güterwagen im Oktober 1974 verschrottet und der Triebwagen ET 168 029 (ab 1970: 278 107) als künftiges Museumsfahrzeug geschützt abgestellt.
Vor der Übertragung der Betriebsrechte der Westberliner S-Bahn wurde aus dem zu schließenden S-Bw Nordbahnhof der dort seit 1973 abgestellte Triebwagen 278 107 des ehemaligen Gepäckzuges nach Ostberlin überführt (im S-Bw Friedrichsfelde, 198?).
Der Gepäckzug wurde Anfang der 1970er Jahre ausgemustert. Der Viertelzug ET/EB 168 016 wurde verschrottet, der zweite Viertelzug ET/EB 168 030 diente auf dem Gelände des Raw Schöneweide als Lagerraum. Im Juni 1993 wurde der Triebwagen ET 168 030 zerlegt, der Beiwagen EB 168 030 an den Verein Historische S-Bahn e.V. übergeben.
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Autor:
Michael Dittrich
Quellen:
[1] Neue elektrische Züge für Berlin; Hans-Joachim Hütter; Verkehrsgeschichtliche Blätter; Heft 6/2001
Nordsüd-S-Bahn Berlin - 75 Jahre Eisenbahn im Untergrund; Dr. Michael Braun; Verlag GVE; 2008
weiterführende Buchtipps:
Der elektrische Betrieb auf der Berliner S-Bahn (Band 1); Bernd Neddermeyer; Verlag Neddermeyer; 1999
Der Wagenpark der Berliner S-Bahn; Carl W. Schmiedeke; Lokrundschau Verlag Hamburg; 1997
letzte Änderung:
26. Oktober 2008
Veröffentlichung:
26. Oktober 2008