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Die Anfänge (vor 1932)
Bereits seit dem 19. Jahrhundert wurde der Betrieb der Berliner Ring-, Stadt- und Vorortzüge nach sog. Abteilungen organisiert. Im Zuge der Elektrifizierung des Netzes ab 1928 wurden diese in die heutigen Zuggruppen überführt, wobei das äußerst komplizierte System bei dieser Gelegenheit deutlich vereinfacht wurde. Dennoch waren die frühen Zuggruppen noch recht umständlich eingeteilt: Es gab Zuggruppen mit 10- (die Regel), 15-, 20- oder 30-Minuten-Takten, ein Teil der Züge setzte noch vor dem eigentlichen Endbahnhof aus oder fuhr in eine abweichende Richtung, manche Zuggruppen wurden in der HVZ verstärkt, wobei die Verstärker teilweise selbst wieder abweichende Streckenführungen hatten.
Insgesamt war der linienähnliche Charakter der heutigen Zuggruppen noch nicht so stark ausgeprägt, ansonsten entsprach das Konzept schon im Wesentlichen dem, was wir heute noch haben. Jedoch fehlte den Zuggruppen noch eine Sache: Die Namen.
Aufblühen und Untergang (1932-1945)
1932 erhielten die Zuggruppen pünktlich zum Abschluss der Stadtbahnelektrifizierung eigene Bezeichner. Dabei galt folgendes Konzept: Stadt- und Ringzuggruppen wurden mit Buchstaben bezeichnet, Zuggruppen der Nordstrecken mit Ziffern, die vom restlichen Netz isolierte Strecke vom Potsdamer Ringbahnhof nach Lichterfelde Ost hieß "Lio" nach dem Kürzel ihres Endbahnhofs. Abgesehen von diesen Grobregeln ist keine besondere Systematik bei der Namensvergabe erkennbar, Stamm-, Einsatz- und Bedarfszuggruppen sowie die verschiedenen Strecken sind bunt gemischt.
Ein Jahr später wurde die Wannseebahn elektrifiziert, ihre Zuggruppe bekam analog zur Lichterfelder Strecke die Bezeichnung "Ws".
Ihre erste wirklich große Belastungsprobe erlebte die S-Bahn 1936 während den Olympischen Spielen. Als Verstärker wurden mehrere (namenlose) Bedarfszuggruppen auf dem Westring und der westlichen Stadtbahn eingesetzt.
Im Jahr 1939 wurde der Nordsüd-S-Bahntunnel fertig gestellt, wodurch Nord- und Südstrecken zu einem gemeinsamen Teilnetz verschmolzen. In diesem wurden einheitlich die Ziffern-Benennungen des alten Nordnetzes eingeführt, die bisherigen Namen der Südstrecken verschwanden.
Nur wenige Jahre später kam der von Berlin aus begonnene Krieg in die Stadt zurück. Auch die Bahnstrecken waren Ziel der Bombenangriffe, die Einhaltung von Fahrplänen wurde zusehends schwieriger. Um dennoch überblicken zu können, welcher Zug es war, der da gerade am Bahnhof stand, wurden seit etwa 1943 Zuggruppe und Umlaufnummer im Stirnfenster der Züge angezeigt (eine sinnvolle Idee, die sich bis heute gehalten hat).
Aber auch diese Maßnahme half nicht mehr, als die Front zunehmend auf Berlin zurückte. Am 25. April 1945 musste der (ohnehin nur noch schwache) Restbetrieb im Südwesten aus Strommangel eingestellt werden.
Der Wiederaufbau (1945-1950)
Als am 6. Juni 1945 der Betrieb auf der Wannseebahn wieder aufgenommen wurde, war an einen Verkehr mit Zuggruppen im Taktfahrplan noch nicht zu denken. Zunächst fuhren nur wenige Zugpaare täglich auf den halbwegs erhaltenen Streckenabschnitten, häufiges Umsteigen mit langen Wartezeiten war die Regel. Dann ging alles überraschend schnell: Bereits am 31. Juli 1945 konnte zwischen Ostkreuz und Mahlsdorf wieder ein Taktbetrieb angeboten werden (wenn auch nur ein 60-Minuten-Takt), nur sieben Tage später gab es auf der Wannseebahn den ersten 20-Minuten-Takt der Nachkriegsgeschichte.
Etwas länger dauerte es mit der Wiedereinführung der Zuggruppen(bezeichnungen). Obwohl bis Anfang '46 die meisten Strecken wieder durchgängig befahrbar waren, dauerte es bis zum 22. August 1946, bis wieder ein auf Zuggruppen basierender Taktfahrplan eingeführt wurde. Allerdings war jetzt nur noch der 20-Minuten-Takt die Regel, auf Außenstrecken gab es zuweilen immer noch 60- oder gar 80-Minuten-Takte (Mahlow-Rangsdorf).
Bei den Zuggruppenbezeichnungen orientierte man sich an den alten Namen, allerdings kehrten viele frühere Zuggruppen nicht wieder oder fuhren teilweise andere Strecken. Die durch die Sprengung des Nord-Süd-Tunnels abgetrennten Nordstrecken bekamen vorübergehend zu ihren bisherigen Kennziffern ein großes "N" hinzu.
Im Jahr 1948 wurden die letzten Strecken wiederhergestellt, daneben arbeitete man bereits an Neuelektrifizierungen. Dabei wurde auch die alte Stammbahn zwischen Zehlendorf und Düppel elektrifiziert. Die dortige Zuggruppe blieb fast ein Jahr namenlos, bis sie schließlich im Mai 1949 die Bezeichnung "5" erhielt.
Noch im selben Jahr führte der Streik der Westberliner Bahner zu einer vorübergehenden Totaleinstellung des Betriebs in den Westsektoren und zu erheblichen Einschränkungen im Ostnetz. Dieser Zustand blieb jedoch nicht lange bestehen.
Über alle Grenzen hinweg... (1950-1961)
In den fünfziger Jahren wurden die Fahrpläne weiter verdichtet. Im Gegensatz zur Vorkriegszeit führte dies nicht zu einer Verstärkung der vorhandenen Zuggruppen, ganz im Gegenteil: man blieb beim bestehenden 20-Minuten-Regeltakt und ergänzte die vorhandenen Stammzuggruppen um neue Tageszuggruppen. Diese in den Nachkriegsjahren einst als Notbehelf entstandene Zuggruppengattung erhielt somit eine wichtige neue Funktion im S-Bahnnetz.
Dieses neue Konzept aus Stamm-, Tages- und Einsatzzuggruppen war wesentlich überschaubarer als das Vorkriegsdurcheinander. Anstatt wie früher je nach Tageszeit die Takte und Fahrtziele innerhalb der Zuggruppen zu modifizieren hat man jetzt einfach je nach tageszeitlichem Bedarf weitere Zuggruppen zugefügt oder weggenommen.
Am 17. Juni 1953 wurde der Aufwärtstrend der Bahn unerwartet unterbrochen und man war nach der Ausrufung des Ausnahmezustandes im Osten und der damit verbundenen Sperrung der Sektorengrenze plötzlich mit der Situation konfrontiert, zwei voneinander getrennte Teilnetze organisieren zu müssen. In dieser Zeit übernahm die erst ein Jahr zuvor elektrifizierte Verbindung Pankow - Schönhauser Allee zusammen mit dem Ostring erstmals die Funktion einer zweiten Nord-Süd-Strecke.
Ab dem 9. Juli war dann wieder ein normaler Betrieb möglich, dennoch wurden bei der Reichsbahndirektion (Rbd) Berlin spezielle Fahrpläne entworfen, die bei einer erneuten Netztrennung zum Einsatz kommen sollten.
Eine Besonderheit jener Jahre waren die Durchläuferzüge, welche als Verbindung nach Norden und Westen die Westsektoren ohne Halt durchquerten. Diese Züge fuhren erstmals 1953 und verschwanden fünf Jahre später wieder, nach dem der fertig gestellte Außenring eine Umfahrung Westberlins ermöglichte. Organisatorisch waren die Durchläufer Teil der jeweiligen Stammzuggruppe (1, 3, H, L), hatten jedoch ihre eigenen, teilweise vom sonst üblichen Takt abweichenden Fahrpläne.
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