Bild: Messe Süd


telegrafisches Kurzzeichen: BMS, auch Eic, Eich
eröffnet: 23. August 1928 (als Eichkamp)
elektrischer Betrieb seit: 23. August 1928
Zugverkehr eingestellt: 19. September 1980
Zugverkehr wieder aufgenommen: 16. Januar 1998
Station liegt an der Spandauer Vorortbahn

Heerstraße Westkreuz (Stadtbahn)

Der betriebliche Haltepunkt Messe Süd/Eichkamp ist die jüngste Station an der Spandauer Vorortbahn - sofern man den erst vier Monate später eröffneten Bahnhof Ausstellung nicht mit zu dieser Bahnstrecke zählen möchte. Seine Entstehung verdankt er der Neutrassierung der Bahnstrecken zwischen Charlottenburg und Heerstraße sowie dem Bau des Bahnhofes Ausstellung. Die Planungen sahen hierbei vor, den alten Bahnhof Eichkamp, gelegen in Höhe der heutigen Cordesstraße aufzulassen, da ein weiterer Halt zwischen Ausstellung und Grunewald für nicht wichtig erachtet wurde. Die verkehrliche Erschließung des dortigen Gebietes sollte der neue Bahnhof Eichkamp übernehmen.

Bild: Blick auf die Station

Ein Blick auf die Station. Gut erkennbar der noch fehlende Abgang zum Messegelände.
Repro aus: Zeitschrift für Bauwesen; Heft 2; Februar 1930.

Am 23. August 1928 wurde der Haltepunkt unter dem Namen "Eichkamp" seiner Bestimmung übergeben. Das Empfangsgebäude, gestaltet und erbaut durch den Reichsbahnarchitekten Richard Brademann, steht westlich der Station an der heutigen Waldschulallee. Es ist wie auch das ehemalige Empfangsgebäude des Bahnhofes Westkreuz aus rotbunten Klinkern erbaut wurden. Der vorerst einzige Zugang zum Bahnsteig erfolgte über einen vom Empfangsgebäude überdachten Gang aus, der die beiden Gleise der Fernbahn sowie das Streckengleis Heerstraße - Ausstellung überquerte. Die Gleise liegen ca. 6 Meter unter dem Niveau des Bahnhofsvorplatzes. Zudem befand sich unterhalb des Zuganges noch ein Stellwerk "Eich", das den Vorort- (Westkreuz - Heerstraße) und Fernbahnverkehr (Charlottenburg Stw Gdn - Heerstraße) regelte.

Von Anfang an war vorgesehen, den Zugang um ein weiteres östliches Bauwerk zu erweitern, so daß das seit 1924 sich noch entwickelnde Messegelände besser erschlossen werden konnte. Der dafür vorgehaltene Freiraum zwischen den Gleisen und dem Messegelände hätte einem zweiten Empfangsgebäude genug Platz geboten. Aus Kostengründen wurde anfangs die Bahnsteigüberdachung nur über den beiden Treppenzugängen in kurzen Stücken ausgeführt. Zu einem späteren Zeitpunkt war eine vollständige Überdachung vorgesehen.

Bild: neuer Zugang zum Messegelände

Der zweite Zugang zur Station wurde im Jahre 1936 realisiert. Im Hintergrund die Deutschlandhalle (um 1936).
Repro aus: Verkehrstechnische Woche; Heft 52/53; 23./30. Dezember 1936.

Im Vorfeld der XI. Olympischen Spiele im Jahre 1936 wurde im November 1935 die auf dem Messegelände gebaute Deutschlandhalle ihrer Bestimmung übergeben. In diesem Zusammenhang baute die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) nun den schon vorgeplanten zweiten, östlichen Zugang auf, verzichtete aber dabei auf ein weiteres Empfangsgebäude. Acht Fahrkartenausgaben und Bahnsteigsperren komplettierten den neuen Zugang. Wenige Wochen vor dem sportlichen Großereignis wurde die Station am 15. Mai 1936 in Deutschlandhalle umbenannt.

Mitte April 1945 folgte das vorübergehende Aus für die rotgelben Züge. Aufgrund von Strommangel und der immer stärker werdenden Kampfhandlungen kam der S-Bahnverkehr vollständig zum Erliegen. Die Station überstand den Krieg ohne nennenswerte Zerstörungen und schon am 9. Juni 1945 fuhren die ersten Züge wieder, wenn auch nur zweimal am Tage. In den nachfolgenden Wochen stabilisierte sich der Zugverkehr, so daß ab dem 7. August zumindest wieder ein 30-Minutentakt angeboten werden konnte. Zum 1. Oktober 1946 erfolgte die Rückbenennung der Station in Eichkamp, von Deutschland wollte keiner mehr was wissen, obwohl die namensgebende (und heute geschlossene) Halle noch immer ihren alten Namen trägt.

In den Tagen nach dem Bau der Mauer vom 13. August 1961 setzte der vom DGB ausgerufene S-Bahnboykott ein, die Fahrgastzahlen sanken rapide. Während in Westberlin weiterhin das Leben pulsierte, verfiel die Station in eine Starre. Es war, es wäre das Leben stehengeblieben. Die Deutsche Reichsbahn verkehrte weiterhin mit viel warmer Luft und nur wenigen Reisenden. Sie verlor über 80 Prozent ihrer Fahrgäste! Zwar konnte die Strecke der Spandauer Vorortbahn sporadisch aufgrund von Sonderveranstaltungen im Olympiastadion und Pichelsberg Fahrgastzuwächse verzeichnen, auf ihr Niveau von vor 1961 kam sie bis zu ihrer Stillegung nimmer mehr.

Bild: stillgelegte Station

Blick vom Zugang Deutschlandhalle auf die stillgelegte Station (25. September 1983).

Im September 1980 kämpften die Westberliner Eisenbahner für mehr Rechte und Lohn. Sie legten u.a. den S-Bahnverkehr lahm und wollten somit Verhandlungen mit der Ostberliner Reichsbahn-Führung erzwingen. Diese saß das Problem jedoch aus, der Streik endete nach wenigen Tagen. Die Reichsbahn nahm das Streikende zum Anlaß, diverse S-Bahnstrecken stillzulegen, so auch die Spandauer Vorortbahn. Alle Bahnhöfe der Strecke wurden ge-, die Schalter und Eingänge verschlossen, die Fenster mit Brettern zugenagelt. Trotzdem fiel alles, was nicht niet- und nagelfest war, in den nächsten Monaten und Jahren dem Vandalismus zum Opfer. Mitten in der Stadt entstanden geisterhafte Orte, die ihres gleichen in der Welt suchten.

Mit der Übertragung der Betriebsrechte an die Westberliner BVG regten sich zwar neue Hoffnungen auf eine baldige Wiederinbetriebnahme der Spandauer Strecke, der BVG jedoch fehlten anfangs die Mittel, Fahrzeuge und Personale. Im Jahre 1984 erkor der neue Betreiber einen Teil der Strecke zur Ausbildung ihrer neuen Fahrpersonale aus. Während umfangreicher Ausbildungsfahrten erwarben die künftigen Triebwagenführer Wissen und Handlungssicherheit im Umgang mit den Zügen.

Neue Hoffnungen auf einen S-Bahnverkehr regten sich nach dem Fall der Mauer im Jahre 1989. Plötzlich schien wieder alles möglich. Doch es sollten noch neun weitere Jahre ins Land gehen, bis die ersten S-Bahnzüge wieder auf der Spandauer Vorortbahn verkehrten. Zuvor wurde noch im Jahre 1991 das Empfangsgebäude von Grund auf saniert. [1]

Bild: Wiederaufbau

Im Sommer 1997 sind die Bauarbeiten für die Wiederinbetriebnahme in vollem Gange. Wie das Bild zeigt, wurde sogar der nördliche Treppenabgang saniert. Wenig später wurde er dann doch noch zugunsten eines Fahrstuhles abgerissen.

Am 16. Januar 1998 war es dann soweit: die rot-gelben Züge verkehrten wieder. Der S-Bahnhof Eichkamp profitierte mehrfach von der Wiederinbetriebnahme. Zwei neue Zugänge, ein südlicher von der Eichkampstraße sowie ein nördlicher zum Messegelände, verbessern seitdem die Erreichbarkeit der Station. Für den nördlichen Zugang, der übrigens nur bei Veranstaltungen auf dem Messegelände geöffnet ist, mußte der Bahnsteig geringfügig verlängert werden. Ein neuer Fahrstuhl schafft jetzt einen barrierefreien Zugang. Um diesen einbauen zu können, wurde an die nördliche Seite des nun mittleren Zuganges ein neues Quergebäude angesetzt. Von diesem aus erreichen die Fahrgäste via dem Fahrstuhl den Bahnsteig. Die ehemalige nördliche Treppe entfiel ersatzlos.

Die Station ist seit ihrer Wiedereröffnung mit einen Dach versehen, der ca. 2/3 des Bahnsteiges abdeckt. Bis auf einen kleinen Warteraum unter der mittleren Bahnsteigtreppe wurden alle weiteren Aufbauten komplett erneuert. Bei Messeveranstaltungen wird das Aufsichtsgebäude mit Personal besetzt, das dann die Zugabfertigung aufgrund der starken Fahrgastströme übernimmt. Am 16. Juni 2002 wurde die Station - zur besseren Orientierung der Besucher des Messegeländes - erneut umbenannt: seitdem heißt die Station "Messe Süd/Eichkamp". Übrigens: Herta Heuwer, die als Erfinderin der Currywurst gilt, wohnte nur wenige Gehminuten vom S-Bahnhof entfernt.

Heerstraße Westkreuz (Stadtbahn)

Autor:
Mike Straschewski

Danksagung:
Der Autor dankt dem Siedlerverein Eichkamp e.V. für die freundliche Unterstützung.

Quellen und weiterführende Buchtipps:
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998
Hochbauten der elektrisierten Stadt- und Vorortbahnen Reichsbahndirektion Berlin; Richard Brademann; Zeitschrift für Bauwesen, Heft 2, Februar 1930
Die Reichsbahn im Dienst der XI. Olympischen Spiele Berlin 1936; Die Reichsbahn ; 1936
Umbau und Erweiterung der Hochbauten auf den S-Bahnhöfen Reichssportfeld, Pichelsberg und Deutschlandhalle in Berlin, ROR Hane, Zentralblatt der Bauverwaltung, 1937, Seite 818
[1] Berliner Verkehrsblätter; Kurzmeldung, Heft 10/1991

weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps

Veröffentlichung:
20. Dezember 2009


letzte Änderung des Textes: 20. Dezember 2009

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