telegrafisches Kurzzeichen: | Gzb |
eröffnet: | 13. September 1866 |
Personenverkehr eingestellt: | 30. April 1951 |
Güterverkehr eingestellt: | 30. Juni 1985 |
Station lag an der | Görlitzer Bahn |
Der Bahnhof war nie eine S-Bahnstation. |
Sonnenallee | Treptower Park |
Plänterwald |
Als am 13. September 1866 von hier das erste Mal ein Personenzug abfuhr, lag die Station noch außerhalb der Stadtmauer, die jedoch in den nachfolgenden Jahren abgebrochen wurde. Das Empfangsgebäude entstand nach Plänen des Architekten August Orth, Stadtplaner und einer der bedeutendsten Kirchenbauer seiner Zeit.
Die Empfangshalle, die sich 3,14 Meter über dem Straßenniveau befand, enthielt ursprünglich fünf Gleise. Später baute man die Station auf vier Gleise um, zwei Seitenbahnsteige (1x 200 Meter und 1x 280 Meter) und ein 245 Meter langer Mittelbahnsteig lagen in der 148 Meter langen Bahnhofshalle. Zu den weiteren Verkehrsanlagen zählten ca. 2,8 km Gleise für den Personen- und ca. 17 km Gleise für den Güterverkehr sowie vier Güterschuppen und das am südöstlichen Ende gelegene Bahnbetriebswerk.
Bahnhof Ausstellung der Berliner Gewerbeausstellung 1896 auf einem Stadtplanausschnitt.
Mit freundlicher Genehmigung von www.alt-berlin.info.
Mit der Inbetriebnahme der Verbindungsstrecke zwischen dem Görlitzer Bahnhof und der Ringbahn in Richtung Rixdorf (heute Neukölln) am 17. Juli 1871 nahm die Bedeutung der Station zu. Das änderte sich am 1. Oktober 1885: Mit dem Anschluß an die Ringbahn in Richtung Treptow (heute Treptower Park) wurde ein Teil des Personenzüge auf die drei Jahre zuvor eröffnete Stadtbahn umgeleitet - die Bedeutung des Görlitzer Bahnhofs sank.
Dafür nahm der Güterverkehr stetig zu: mit dem 1889 eröffneten Rangierbahnhof Schöneweide konnten die Warenströme besser verteilt werden. Ab 1890 fuhren keine Fernzüge mehr von und zum Görlitzer, sie wurden auf die Stadtbahn umgeleitet. Somit fuhren hier nur noch die Züge des Vorortverkehres. Im Jahre 1896 fand unweit der Station im Treptower Park die Berliner Gewerbeausstellung statt. Für die Dauer der Veranstaltung, diese war vom 1. Mai bis zum 15. Oktober, wurde der Bahnhof Ausstellung [1] eröffnet. Bedingt durch den großen Zuspruch von seitens des Publikums mußten nun auch wieder Fernzüge den Görlitzer Bahnhof anfahren.
Von Anfang an war die Station ein Kopfbahnhof und sie blieb es auch bis zu ihrem Ende. Einzig die Ausführung einer Planung von Albert Speer zur Umgestaltung Berlins in die Welthauptstadt Germania hätte das geändert. Speer plante, die S-Bahn von Baumschulenweg kommend unterirdisch unter dem Görlitzer Bahnhof durch- und bis zur S-Bahnstation Anhalter Bahnhof weiterzubauen. Die wirtschaftlichen Ausgaben wegen des Zweiten Weltkrieges und dessen Rückkehr zum Ausgangsort verhinderten jedoch jegliche Ausführung - die Station hat nie eine elektrische S-Bahn gesehen.
Die geplante S-Bahnstrecke vom Görlitzer zum Anhalter Bahnhof.
Durch die Kriegseinwirkungen erlitt der Görlitzer - im Vergleich zu den anderen Berliner Bahnhöfen - vergleichsweise geringe Zerstörungen. Zwar wies der südliche Bahnhofsflügel einige Brandbombentreffer auf, die Gleis- und Signalanlagen blieben jedoch nahezu unbeschädigt. Schwerer hingegen wurde das nahe Bahnbetriebswerk getroffen. Doch schon im Juni 1945 fuhren die ersten Vorortzüge wieder, einen Monat später konnten auch wieder einzelne Fernzüge abgefertigt werden. Das Glück währte jedoch nicht lange: am 25. September 1946 verlegte die Reichsbahn alle Fernzüge von der Görlitzer Bahn auf die Stadtbahn. Mit der Eröffnung der S-Bahn nach Königs Wusterhausen am 30. April 1952 wurden dann endgültig die letzten Vorortzüge abgefertigt, der Bahnhof für den Personenverkehr einen Tag später stillgelegt.
In den nachfolgenden 33 Jahren gab es auf dem Görlitzer nur noch Güterverkehr. Teile des Geländes vermietete die Deutsche Reichsbahn an diverse Betriebe. Die Bedienung erfolgte größtenteils vom Treptower Güterbahnhof aus. Nach dem Bau der Berliner Mauer im August 1961 fand bei den Bedienungsfahrten ein umständliches Procedere statt, da der Görlitzer und der Treptower Güterbahnhof im Westberlin lagen, das Überführungsgleis hingegen lag in Ostberlin [2]. Die Übergabefahrten wurden zum 30. Juni 1985 eingestellt, der Tag besiegelt somit auch das endgültige Aus des Görlitzer Bahnhofs.
Ausschnitt aus dem Winterfahrplan der DR, gültig vom 8.10.1950 bis 19.5.1951; Sammlung Matthias Arndt
Schon im Jahre 1962 begann man mit dem Abriß der Bahnsteighalle, 1967 folgten der Querbahnsteig und der größte Teil des Empfangsgebäudes. Ende der 1970er Jahre fielen der Nordflügel und der Rest des Empfangsgebäudes der Spitzhacke zum Opfer. Ein einzelner Güterschuppen und diverse Mauerreste sind heute stumme Zeugen dieser einst bedeutenden Bahnstation. Auf dem alten Bahnhofsgelände befindet sich nun ein Naherholungsgebiet.
Das Bahnbetriebswerk (Bw)
Am südöstlichen Bahnhofsende sah man beim Bau der Station einen Werkstattbereich vor. Ein halbrunder Schuppen mit 24 Gleisen für Lokomotiven sowie eine zweigleisige Werkstatt für die Ausbesserung von Wagen gingen in den Jahren 1867/68 in Betrieb. Neben der Bespannung der Fernbahnzüge erfolgte auch die Durchführung des Vorortverkehres.
Der Werkstattschuppen wurde Ende der 1920er Jahre abgerissen. Der im Gegensatz zu den anderen Berliner Bahnbetriebswerken vergleichsweise geringere Verkehr beschied der Dienststelle, trotz Einsätzen der Schnellzuglokomotive 03, ein eher ruhiges Dasein. Mit der Rückkehr des Zweiten Weltkrieges an seinem Ausgangspunkt wurde auch das Bw in Mitleidenschaft gezogen. Die 16m-Drehscheibe erlitt einen Volltreffer, die anderen Anlagen kamen einigermaßen ungeschoren davon.
Die Schäden wurden in kurzer Zeit schnell wieder repariert bzw. der Zugverkehr, wenn auch eingeschränkt, wieder aufgenommen. Am 25. September 1946 wurde der Personenfernverkehr vom Görlitzer Bahnhof aus eingestellt, für das Bw verblieben damit nur noch Leistungen im Vorortverkehr. Im März 1951 wurde das Bahnbetriebswerk zu einem Lokbahnhof des Bw Schöneweide degradiert. Mit der Einstellung des Personenverkehres zum 30. April 1951 verlor auch das ehemalige Bw weiter an Bedeutung. Das endgültige Aus kam 1952, es gab in den nachfolgenden Jahren nur noch einen Werkstatt- und Verwaltungsbereich. 1959 wurden die Überreste des ehemaligen Lokschuppens abgerissen und das Werkstattareal eingeebnet.
Weiterführende Artikel zum Thema Görlitzer Bahn (innerhalb Stadtschnellbahn-Berlin.de)
Der Umbau der Görlitzer Bahn
Der Umbau der Signalanlagen im Bereich der Berliner S-Bahn auf der Görlitzer Bahn
Bilder von den Gleisanlagen zum Görlitzer Bahnhof im Bereich der Grenzanlagen
Luftbilder von den Gleisanlagen des Treptower Kreuzes und des Görlitzer Bahnhofes im Bereich der Grenzanlagen
Eine Zugfahrt durch das Grenzgebiet
Bilder von den ehemaligen Gleisanlagen zum Görlitzer Bahnhof - 2009
Hier finden Sie einen Gleisplan über den Kreuzungsbereich der Ringbahn/Görlitzer Bahn
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Treptower Park | Plänterwald | Sonnenallee |
Autor:
Mike Straschewski
Quellen, Hinweise, weiterführende Buchtipps und Links:
[1] Der Bahnhof Ausstellung befand sich zwischen der Puder- und der jetzigen Rethelstraße, ungefähr im heutigen Bahnkilometer 2,5.
[2] siehe hierzu: Züge durch Mauer und Stacheldraht, Kuhlmann; Verlag GVE 1998; Seite 106-108. Bahnknoten Berlin; Bernd Kuhlmann; Verlag GVE; 2000
Eisenbahn-Größenwahn in Berlin; Bernd Kuhlmann; Verlag GVE; 2005
Züge durch Mauer und Stacheldraht; Bernd Kuhlmann; Verlag GVE; 1998
Berliner Bahnbetriebswerke; Michael Reimer/Dirk Winkler; GeraMond; 2001
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998
Webseite: Bahnstrecken im Land Brandenburg
Webseite: Beefland: Eisenbahnen im Raum Berlin
Webseite: Chronik der Berlin-Görlitzer Eisenbahn
Webseite: Der Görlitzer Bahnhof in Berlin um 1935
http://www.b-g-e.de (Webseite nicht mehr vorhanden)
Der Bahnhof bei Google Maps
letzte Änderung:
30. August 2009
Veröffentlichung:
26. Oktober 2008